Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

Charakteristik 
des 
Styls. 
199 
Nur so viel mag man von jener Ansicht zugeben, dass 
die kirchliche Gesinnung einer freien, vollen Entwicke- 
lung des Lebens in gewissem Sinne entgegenstand. Das 
Christenthum hatte schon damals eine mönchische Rich- 
tung bekommen; bei einer Sitte, welche noch so viel 
von antiker Sinnlichkeit erhalten hatte, musste die Vor- 
stellung der Heiligkeit mit der der Kasteiung sich leicht 
verknüpfen. Tertnllian in einer Stelle, wo er von der 
Schönheit spricht, und diese als etwas Unnützes, als eine 
Verleitung zur Unkeuschheit mit Verachtung behandelt, 
fügt hinzu, dass, wenn der Christ sich seines Leibes 
freuen wolle, es nur an dem durch Busse abgehärteten 
und abgemagerten Leibe geschehen dürfe ü). Waren nun 
auch die Ansichten dieses überstrengen Kirchenvaters 
nicht durchgedrungen, so blieben sie doch nicht ohne 
Einfluss, und man kann nicht läugnen, dass schon früh- 
zeitig selbst die besten Mosaiken an den heiligen Ge- 
stalten durchweg übertrieben iinstre Züge zeigen; vor- 
tretende Backenknochen mit hohlen Wangen, tiefliegende 
Augen, schwere Runzeln, überhaupt die Züge des früh- 
zeitigen, durch Kasteiungen beförderten Alters. An Ort 
und Stelle, in der strengen und einfachen architektoni- 
schen Umgebung der Basiliken selbst, wirkt dies Weniger 
naehtheilig; es stimmt so sehr mit dem Charakter dieser 
Gebäude, mit der ernsten Anordnung, der unbeholfenen 
Ausführung und den Fragmenten früherer Pracht überein, 
dass es nur wie der bestimmten-e Ausdruck, wie die Seele 
dieser ehrwürdigen Stätte erscheint; wir werden von 
dem Geiste, der hier herrschte und diese Formen aus- 
prägte, erfüllt, und nehmen sie mehr in dem Sinne auf, 
in dem sie geschaffen wurden, als in dem unsrer Zeit. 
Terlu 
de cultu 
feminarunl.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.