Typus
des
Christusbildes.
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der Jungfrau in Gebrauch gekommen sein; in den Kata-
komben linden wir, wie erwähnt, kein solches vor. An-
fangs trat die Verehrung noch schüchtern auf, doch sehen
wir schon in dem ersten Viertel des sechsten Jahrhunderts
auf einer grossen Mosaik in S. Apolliuare nuovo in Ra-
venna die Jungfrau Christus fast gleich gestellt, indem,
wie dieser die männlichen, sie die weiblichen Heiligen
segnend in den himmlischen Räumen empfängt. Alsbald
fanden sich denn auch von ihr wunderbare Bilder. In der
Kirche zu Lydda hatte sie selbst ihr Antlitz an einer
Säule auf unvertilgbare Weise gleichsam abgespiegelt;
dem Apostel Lucas, den man für den Urheber mancher
Porträts des Heilandes hielt, schrieb man auch ihr Bild-
niss zu; die Kaiserin Eudocia, Gemahlin Theodosiils II.,
erhielt um die Mitte des fünften Jahrhunderts in Jerusa-
lem ein solches k). In der Flotte des Heraklius, mit Wel-
cher er im Jahre 602 von Afrika nach Constantinopel
fuhr, war an den Schiffen das Bildniss der Jungfrau be-
festigt. Es konnte nicht ausbleiben, dass auch hier ein
Typus Eingang fand, welcher dem des Heilandes einiger-
massen glich. Ebenso erhielten denn auch bald die Apostel,
wenigstens die beiden bedeutendsten, Petrus und Paulus,
gleichbleibende Züge
4') Baronins Annal. eccl. ad ann. 438. Bei den spätem byzan-
tinischen Geschichtschreibern steht die Tliatsache nnbezweifelt. fest,
z. B. Theophan. cont. lib. III. (2.11. Die Flotte des Heraklius bei
Theophan. (ed. Bonn.) p. 459.
i") Die Gestalt Gottes kommt schon in den Katakomben in
historischen Scenen (z. B. bei Abels Opfer) vor, meistens ist sie jedoeh
Ylllr durch eine von oben herabreichende Hand angedeutet. Auf den
Mosaike" finden wir sie nicht, indem die Zulässigkeit solcher Ab-
bndlmg bald ü" Gegenstand des Streites war. Im byzantinischen Reiche
wurde Sie Sßit dem Bilderstreile gänzlich vermieden; die Vertheidiger
des Chrisillsbildßs haften immer sieh darauf gestützt, dass man nicht
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