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Byzantinische
Architektur.
auf Einfluss; der Mangel des Holzes, die Schwierigkeit
ohne auserlesene Stämme so grosse Räume zu bedecken,
die Sitte des Orients, welche strengere Absonderung der
Frauen verlangte und der desshalb die Emporkirche mit
abgesondertem Eingange zusagte. Allein ebenso war
auch das aesthetische Gefühl dabei thätig. Auffallend
genug wiederholt Prokop bei sehr vielen Kirchen das
Lob, dass ihre Länge und Breite ein richtiges Verhältniss
habe, dass jene diese nicht um Vieles, oder etwa nur
um die Tiefe des Sanctuars übersteigeii). Man sieht
'also die Neigung war auf die Form des Quadrats, auf
eine einfache, überall gleiche Harmonie gerichtet. Des-
halb wichen die Architekten von dieser Allgleichheit so
wenig als möglich ab, deshalb bildete sich die Form des
Quadrats, des griechischen Kreuzes und der Kuppel. Es
war im Wesentlichen dieselbe Richtung, welche sich
schon in der frühern römischen Zeit am Pantheon gezeigt
hatte, die Richtung auf das mechanisch Regelmässige.
Dort aber befand sie sich im Widerspruche mit den her-
gebrachten Formen der griechischen Architektur , erschien
daher nur isolirt und selten. Hier war sie, gemässigt
zwar durch die Reminiscenz an das Langschiff der Ba-
siliken, aber übrigens vollendet, zu einem in sich zusam-
menhängendeil Systeme ausgebildet. Schwerlich war
dieses neue System das Product eines bewussten Stre-
bens; wahrscheinlich entstand es allmälig aus römischen
Traditionen, christlichen Bedürfnissen, technischen Anfor-
b) Lib. 1. c. 1. von der Sophienk, c. 3. von der Michaelskirche,
c. 6. von St. Anthimus. Aus einer Aeusseruxlg des Agathias (lib. 5.
c. 9.) bei Erwähnung der Herstellung der Sophienkirchc durch den
jüngern Isidor nach dem Erdbeben unter Justinians Regierung geht
hervor, dass man damals besorgt war, mlie gleichseitige Ilarmonieß
eiuzubüssen.