Sophienkirche.
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Innern, so gleicht sie vielmehr der eines kreisähnlichen
Baues, wie in S. Vitale, als der des einfachen Langhau-
ses der Basilika. Während in dieser alles nach dem
Zielpunkte des Fortschrittes hinweist, behauptet hier der
Mittelraum unter der gewaltigen Kuppel den höchsten
Anspruch; ihm schliesst sich alles andere, in Halbkuppehx,
Nischen und Bogen, in Zugängen und Tribunen an; der
Altar selbst steht nur wie unter seinem Schutze. Allein
das Princip der Centralisation ist hier gemässigt, der
Basilikenform genähert, die Kreisgestalt ist zum Oval
geworden, die WVölbung auf das Viereck zurückgeführt.
Dies war denn auch wohl die Aufgabe der Architekten
gewesen. Während die kreisrunde oder achteckige Form
als ausschliessliche und besonders für grössere Kirchen
nicht geeignet schien, wollte man doch den majestäti-
schen Anblick der Kuppelwölbung nicht entbehren. Es
kam also darauf an, die Mittel zur sichern Verbindung
der Kuppel mit viereckigen Mauern aufzufinden. In den
Bauten von Ravenna, in der künstlichen Construction der
Kuppel von S. Vitale sahen wir schon wie eifrig man
sich mit diesem Gegenstande beschäftigte, wie mancherlei
Versuche man anstellte. Der Meister der Sophienkirche
löste dieses Problem auf eine tiefe und grandiose Weise,
indem er nicht bloss an einem Versuche im grössten
Maassstabe bewies, welche Kraft der Pfeiler und der
Strebebogen zur Stütze der Kuppel ausreiche, sondern
auch sehr geschickt die beiden grossen Halbkuppeln zu-
gleich als nützliche Widerlage zur Sicherung der Kuppel
im technischen, und als Erweiterung derselben zu grösserer
Vvirkung im aesthetischen Sinne benutzte. Noch heute
sprechen die Beschauer von dem Eindruck dieser gewal-
tigen Wölbungen mit Bewunderung.