Hinneigulag
zum
Orientalismus.
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erhielten den Beinamen der heiligen; ihre Entschlüsse
wurden wie Orakel betrachtet, an der Richtigkeit ihrer
Wahl zweifeln, galt als Gotteslästerungii). Natürlich
ging denn ein Theil dieses Glanzes auf ihre Familie, auf
ihre Würdenträger über, und ein kleinliches Ceremoniell
musste die Abstufungen des Ranges in gebührender Ehre
erhalten.
Auch die Tracht näherte sich immer mehr der orien-
talischen. Schon bei der Trennung des Reichs war die
Einfachheit der weissen Toga längst durch üppigere
Moden verdrängt; man liebte reiche mit Blumen oder gar
mit Thiergestalten durchwirkte Kleider, man wechselte
mit dem Luxus neuer Stoffe. Gleich auf den frühesten
Monumenten der byzantinischen Kunst erkennen wir wie
die alte Form immer mehr erstarrt, der freie Ueberwurf
nach festen Regeln geordnet wird. Die Toga erhält
lange Zipfel, welche den Körper nach einer Vorschrift
umschlingen und wie ein Gürtel ihn umgeben. Auch wird
die 'l'unica immer länger. Später nimmt alles noch mehr
ein barbarisches Ansehen an; die lange, bunte Tunica
gleicht immer mehr dem Rock der heutigen Orientalen,
die Toga ist in einen Kragen verwandelt, das Haupt wird
mit einer hohen Tiara bedeckt 38).
i) Sacruln encaustmu hiess die Tinte, mit welcher sie Gesetze
und feierliche Urkunden schrieben. Ihre Beamten führten die Titel
des comes sacrarum largitionum, sacri cubiculi u. s.f. Sacrilegii
enim instar est, hcisst es in einer Stelle des Codex, dubitare, an is
dignns sit, quem eligerit imperator.
"Ü Manche burbarische Nanleil der von den Persern oder von
slawischen Völkern entlehnten Kleidungsstücke finden sich bei den
byzalltiniSßllell Schriftstellern. Auch die Eitelkeit der Despoten hatte
auf die Tracht Einfluss; so schrieb Theophilus, weil er schwaches
Haar hatte, auch dem Volke das lIIaass des I-Iaaxrwuchses bei Strafe
vor. Theophan. cont. III. 17.