Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

Das 
byzantinische Reich. 
trug noch die Spuren jener Vernachlässigung, die einst 
bei der Oeffentlichkeit republikanischer Verfassungen und 
bei dem männlich kriegerischen Geiste der Vorzeit eine 
Bedeutung gehabt hatte. Daher konnte hier niemals der 
Begriff der Liebe, wie ihn die Sitte der germanischen 
Welt später ausbildete, niemals die Innigkeit der Ver- 
hältnisse entstehen, welche dem christlichen Hause so 
natürlich ist. Ein kaltes Ceremoniell regelte die gegen- 
seitigen Pflichten. Auch auf die Gestaltung des öffent- 
lichen Lebens übte diese Verkennung der Familie ihre 
nachtheiligen Wirkungen aus. Daher entstand die auffallende 
Erscheinung, dass in dem völlig monarchischeil Staate, 
wo freie republikanische Regungen sich niemals zeigten, 
der Herrscher fast durch den Zufall auf den Thron ge- 
langte, dass sich niemals ein festes Erbrecht, und iloch 
weniger ein Wahlreich ausbildete, und die unentbehrliche 
Monarchie immer ohne feste gesetzliche Form blieb. 
Dieser Mangel war die Quelle beständiger Hofintriguen 
und Unruhen, und erzeugte mitten in einem christlichen 
Staate auf der hellsten, bemerkbarsteil Stelle die unsitt- 
lichsten Erscheinungen. Wie die Götter des hellenischen 
Alterthums schienen die Fürsten den Regeln der Moral 
nicht unterworfen. 
Freilich war durchweg die Sitte, welche das Christen- 
thum in der gealterten römischen Welt vorfand , eine 
höchst verderbte. Bei der Mischung der Nationen unter 
dem Scepter der Cäsarn waren, wie es oft geschieht, 
Vorzüglich die Laster den Völkern gemeinschaftlich ge- 
worden. Die Sinnlichkeit des Griechen, der weichliche 
Luxus des Orientalen, die Habsueht des Romers waren 
über das ganze Reich verbreitet. Vergeblich eiferten 
wiederholte Gesetze der Fürsten und eindringliche Er-
	        
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