Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

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Byzantinische 
Kunst. 
trachten müssen, in der Geschichte des byzantinischen 
Reiches, in hohem Maasse. Die westliche Hälfte der 
römischen Welt war von germanischen Völkern besetzt, 
welche, Neulinge im Christenthum wie in der (Zivilisation, 
verwildert im Kriege und berauscht von den Genüssen 
einer südlichen Natur, begreiflicherweise nur langsam 
aus dem Zustande der Rohheit sich emporarbeiten konn- 
ten. Es überrascht daher nicht, wenn ihre Geschichte 
das Schauspiel wechselnder Verwirrung giebt. Ganz 
anders war die Lage des oströmischen Reichs, Wo die 
alte Verfassung, dasselbe Gesetz bestehen blieb, wo alle 
Vortheile des Reichthums und althergebrachter Cultur 
der dichten Bevölkerung weiter Provinzen, den schönsten 
und fruchtbarsteil Gegenden des Erdbodens zu Statten 
kamen. Alle diese Vorzüge schienen um so grösser, als 
kein anderes gleichzeitiges Volk auch nur den Versuch 
des Wetteifers machen konnte. Der Geist des Christen- 
thums schien hier die günstigste Stätte zu finden, wo die 
Gewohnheit des Gehorsams der entsagenden Moral, die 
Uebung der Wissenschaft dem Verständniss der tiefsin- 
nigen Dogmen so mächtig vorgearbeitet hatte. 
Die Geschichte des byzantinischen Reichs bildet, wie 
gesagt, auf den ersten Blick den grellsten Contrast mit dem 
schönen Bilde, das man sich nach diesen Bedingungen aus- 
malen könnte. Auf dem Throne despotische Grausamkeit 
oder entwürdigende Feigheit, im Volke sinnliches Streben, 
Prunksucht und knechtischer Sinn, die Wissenschaft todte 
Sammler-in, die Kunst ermattend; die tiefsten Dogmen 
der Religion entweiht zum Gegenstande der Parteiwuth 
und der Eigensucht, die einfachsten Vorschriften christ- 
licher Moral verkannt oder vergessen, Und dies alles in 
tausendjähriger Dauer, ohne dass irgend eine anhaltende
	        
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