Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

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Verfall 
des 
römischen 
Reichs. 
Bei den Wandgemälden tritt dies Princip weniger 
hervor. Das leichtere Material begünstigte die Flüchtig- 
keitder symbolisirenden Richtung; die Breite des Raums 
machte concentrirte Auffassungen entbehrlich, das Erler- 
derniss linearer und arabeskenartiger Ausstattung unter- 
hielt eine engere Verbindung mit den Formen der heid- 
nischen Kunst. Die heitere Erscheinung dieser Malereien 
blieb mehr auf dem Standpunkte des antiken NaturgefühIs. 
Bei einzelnen Gegenständen, bei 'dem guten Hirten und 
Orpheus, regte sich zwar ein Gedanke von landschaft- 
licher Behandlung, aber doch nur in der spielenden Weise 
der römischen WVandgemälde. Bei andern, z. B. bei den oft 
wiederkehrenden betenden Gestalten wurde die Vorderan- 
sicht beibehalten. Aber im Ganzen war auch der Umstand, 
dass diese Gemälde meist an der Decke der Gemächer 
angebracht wurden, und dass die meisten Bilder wie 
Radien eines Kreises erschienen, einer perspectivischen 
Gruppirung ungünstig. 
Eine künstlerische Begeisterung, Welche die Form 
bis ins Einzelne (lurchdringen und beleben konnte, ein 
entschiedenes Gefühl für vollendete, ausgebildete Indivi- 
dualität fehlt Freilich diesen christlichen Bildwerken ganz, 
und die Weihe höherer Kunst ruht daher auf ihnen nicht. 
Sie theilen diesen Mangel mit den heidnischen Werken 
der spätrömischen Zeit. Aber aus mehreren Gründen 
ist es bei ihnen weniger störend. Zunächst weil die 
Prätension äusserlichen Prunks, welche auf jenen schwer- 
fällig lastet, hier fortfällt, und dann weil das, was dort 
bloss mangelhaft ist, hier eine positive Bedeutung; erhält. 
Die heroische Kraft und die selbstständige Vollendung 
des Individuellen würde der christlichen Demuth und 
Umgebung ilicht entsprechen haben, selbst bei Christus
	        
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