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Verfall
des
römischen
Reichs.
als einander entsprechend bezeichnet. Und ebenso tritt
in der Anordnung der einzelnen Darstellungen die Haupt-
ligur als mittlere hervor, der sich die Nebenliguren, seit-
wärts zurückgestellt, unterordnen. Das perspectivisch-
malerische Prineip , das wir später in der christlichen
Kunst stets vorherrschend finden werden, das erst nach
einer Reihe von Jahrhunderten seine volle Ausbildung erhält.
hathier schon jenes plastische der Prolilstellung überwunden.
Es versteht sich, dass dies nicht aus künstlerischer
Ueberlegung hervorging. Dieser Zeit, die mit ganz andern
Dingen beschäftigt war, blieb jenes künstlerische Selbst-
gefühl, das sich in neuen Formen gefällt und sie mit
Neigung ausbildet, völlig fremd. Es war eine unbemerkte
NVirkung des christlichen Geistes; schon die Gegenstände
der Darstellung brachten es zum Theil mit sich. Die
heidnische Mythe gab überall äussere Hergänge, kräftiges
Handeln, körperliche Beziehungen, Kämpfe, Festzüge,
läabantengefolge der Götter, alles Gegenstände, für wel-
che die Form des Fortsehreitens die natürliche War. Das
Leben des Heilandes bot dagegen nur stille Momente
einer geistigen Einwirkung, in denen Christus den noth-
wendigen Mittelpunkt bildete. Die Stellung des Lehren-
den unter seinen Jüngern, des WVunrlei-thäters unter dem
Volke, des Heilenden unter den Hülfsbedürftigen gaben
den Typus der Anordnung an. Der Sanfte, der Leidende,
konnte nicht bewegt, nicht schreitend sondern nur stehend
oder sitzend dargestellt werden. Ihn, der unter seiner
Gemeinde immer gegenwärtig war , konnte man sich
nicht gleichgültig vorübergehend denken , sein Antlitz
musste dem des Besehauers entgegengeriehtet sein. Die
Darstellung in der Vorderansicht entstand daher ganz
von selbst. Sei es. nun, dass man die ganze Fläche des