Die
Götter.
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oder auch nur tapfer war, sondern weil er es ihm nicht
an Opfern mangeln lassen. Aber obgleich die Götter so
sprechen, fällt doch ihre Gunst meistens nur auf die
Wiirdigen, wenigstens tritt sie bei diesen im Gedichte
deutlicher hervor. Man darf dies als eine leise Inconse-
quenz betrachten; das sittliche Ideal, das dem Dichter
vorschwebt, ist noch nicht ganz durchbildet. Auch cr-
scheint alles dieses nur in der Ilias so stark; in der
Odyssee ist diese Durchbildung schon weiter vorgeschrit-
ten, die moralische YVeltansicht schon bestimmter gewor-
den. Zeus rügt es hier, dass die Menschen ihre Leiden
den Göttern zur Last legten, während sie selbst sie
verschuldet hätten. Bei dem Menschen tritt also schon
deutlicher der Gedanke an Selbstbestimmung ein, aber
die Götter sind auch hier noch durchweg nicht die Vor-
bilder des Guten; für menschlicheSitte giebt nur das
eigene Gesetz der Menschen den lllaasssmb, Dessen
ungeachtet können wir in einer tiefern Beziehung schon
hier die Götter als ein Ideal der griechischen Sittlichkeit
betrachten; sie sind abgerundete, in sich beruhende indi-
viduelle Gestalten; sie geben ein Bild jener Freiheit und
Harmonie, auf welcher die Sittlichkeit des Griechen be-
ruhete.
In diesem Sinne fasste sie denn lauch die spätere
Zeit mehr mit Bewusstsein auff Jene Mythen gehören
jetzt einer dunkeln Vorwelt an, sie werden mit Ehrfurcht
und ohne moralische N ebenbeziehung aufgenommen, oder
es wird nur das Gute herausgedeutet. Es ist mehr als
wahrscheinlich, dass die Mysterien eine Aufklärung dar-
über gaben, wie die Mythen zu deuten und jene an-
scheinenden Vergündigungen der Götter zu erklären seien.
Am reinsten ist diese Auffassung bei Pindar,l(lerw es