Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

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Griechische Plastik. 
gewaltsam schildert, haben Mitleid, selbst die Rosse des 
Achilles weinen über Patroklos Tod; die Götter sind 
ohne Erbarmen. Auch sie selbst versehmähen Lügen 
nnd Täuschungen nicht; Zeus sendet dem Agamemnon 
einen siegverheissenden Traum, der ihn zum ungünstigen 
Kampfe verleiten soll; Athene unter der Gestalt des 
Deiphobos reizt Hektor zum Angriff auf Achilles, sie 
verspricht ihm zur Seite zu stehen, und liefert ihn so 
dem Tode. Wenn seine Helden sich grausam zeigen, 
Fügt der Dichter Wohl ein Wort hinzu, durch Welches 
er seine Missbilligung andeutet, wie bei den Menschen- 
opfern, die Achill bei der Leichenfeier des Patroklos 
darbringt, „denn schreckliche Thateil ersann er." Die 
ungerechten Handlungen der Götter werden stillschwei- 
gend hingenommen. Hektor, als er jene Täuschung der 
Pallas erräth, spricht nur die Klage über das ihm bevor- 
stehende Schicksal aus. Die Menschen zeigen sich im 
Ganzen edel; die Ilias und Odyssee sind" reich an Beispielen 
der zartesten Freundschaft, der reinsten ehelichen Liebe, 
der Grossmuth,- der Gastliehkeit. Die Götter scheinen 
das Vorrecht rücksichtsloser Laune und Willkür zu ha- 
ben. 
Gewiss will 
sie 
der Dichter 
lästern 
nicht 
oder ver- 
kleinem, sie sind ihm vielmehr zu gross, zu wunderbar, 
als dass die Menschen mit ihnen in Vergleich gestellt 
werden könnten. Was sie Sich auch in ihrer Ucbermacht 
erlauben mögen, für den Menschen "erscheinen sie nur 
als die würdigen Leiter und Vorsteher der Weltordnung. 
Aber auch in dieser Beziehung der Götter auf die Men- 
schen erkennt man bei Homer erst den Beginn einer 
sittlichen Ansicht; denn die Götter erwählen ihre Begün- 
stigten meist nur aus Willkür oder Leidenschaft. Zeus 
rühmt I-Iektor nach seinem Tode, nicht weil er tugendhaft
	        
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