Die
Götter.
ausgebildet werden, ohne dass man auf menschliche Sin-
gularität und Unregelmässigkeit einzugehen brauchte.
Ihre Götter wurden dadurch Vorbilder der Gestaltung
verschiedener Alterstufen, Geschlechter, Sinnesweisen,
in welchen die unzähligen Abweichungen der Menschen
gleichsam auf einige Gattungen zurückgeführt Werden.-
Zwar waren diese Götter in gewissem Sinne sehr
schlechte moralische Vorbilder. Manche Sagen, welche
ursprünglich nur das Walten und die Macht der Natur-
kräfte in mythischer Einkleidung darstellten, enthielten
jetzt, da die Götter wie menschliche Gestalteirangesehen
wurden, Handlungen, welche auch nach griechischen Be-
grilfen entschieden unsittlich waren. Allein der griechische
Sinn nahm daran keinen Anstoss; mit der grössestcn
Unbefangenheit erzählte man diese Thaten nach KViGVOY,
ohne sie einer moralischen Kritik zu "unterwerfen oder
davon Anwendung auf die Menschen zumachen, ßiese
Unbefangenheit, die dem christlichen Sinne, der sich die
Gottheit als den Urquell aller sittlichen Vollkommenheiten
denkt, so schwer begreiflich ist, findet sich in Homers
Dichtungen noch im vollsten Maasse. Seine Götter sind
zwar an äusserer Grösse Wund Macht überirdisch, sonst
aber fast nur in ihren Schwächen und Leidenschaften
menschlich.
Hass und Rachsucht sind bei ihnen ohne Maass, sie
weinen , wenn ihr Zorn nicht Befriedigung erlangt.
Schmeicheleien und Verführungen finden bei ihnen Ein-
gang; selbst der Vater Zeus wird getäuscht als Hera
sich ihm mit dem Gürtel der Aphrodite nahet. Aphrodite
ist Weichlich und fast feige, Ares grausam, Hera uner-
bittlich stolz. Die Menschen, Obglßißll die Naivßtät des
Dichters auch sie durchweg als lßidellsßllafllißll und