Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

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Griechische 
Architektur. 
gen, die in der Mitte des Volkes hausen, auch der Tem- 
pel musste daher seine Hallen mittheilend öffnen, dass 
sich das lebensfrohe, schwatzende Volk darunter sammle. 
Die Gestalt des Cultus , welche den Tempel nur zur 
würdigen Stätte des Bildes nöthig machte, da. alle be- 
deutendem religiösen Handlungen unter freiem Himmel 
vorgenommen wurden, trug ebenso wie die Sitte des 
Lebens zu dieser Form bei. Aber Religion und Lebens- 
weise sind in ihren Grundzügen schon Ausllüsse des 
bildenden architektonischen Volkscharakters und grade 
das, was dem Volke als die würdigste Form erscheint. 
ist das concentrirte Abbild seiner innern Anschauung 
der Dinge. Die Orientalen und in anderer Weise auch 
wir, die irordisch-germanischen Völker, haben überall 
den Gegensatz zwischen dem Allgemeinen und Einzelnen 
scharf und schneidend im Auge. Der Staat ist uns ein 
Selbstständiges, getrennt von seinen Bürgern, die Moral 
unabhängig von der Sitte des Volkes, die Gottheit jen- 
seits der wirklichen Welt. Wo es daher gilt unsere 
Grundanschauung zu verkörpern, da stellt sich uns ein 
abstract abgeschlossenes Ganze dar, von festen und hohen 
Mauern begränzt. Dem Griechen schwand dieser Ge- 
gensatz, so viel es die menschliche Natur gestattet. Der 
Staat ist nichts als die Gemeinschaft seiner Bürger, und 
diese fühlen und dulden nichts in sich, was nicht dieser 
Gemeinschaft angehört und zusagt. Die Sittlichkeit ist 
daher xiiehts als die Sitte des Volkes. Die Gottheit ist 
nicht eine vergeistigte, entfernte, sondern sie mischt sich 
in mehrfacher Zahl, menschlich gestaltet und menschlich 
emplindend unter die Menschen. Die Weltregierung 
selbst, wenn auch in ihrem dunkelsten lleiligthume das 
Schicksal einsam schlummert, ruht in der WVir-klichkeit
	        
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