Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

Griechische 
Architektur. 
Lagen des Materials schöner und deutlicher dargestellt 
wurde , als durch eine von grösseren Balken. Beides 
kann man als technisch und mechanisch begründet aner- 
kennen, allein es versetzt uns doch nicht eigentlich in 
die Mitte der Sache. Durch das Gebälk über den Säulen 
wird in der 'l'hat nicht bloss die Bedachung, sondern 
auch der eigentliche Mauerkörper repräsentirt, es musste 
mithin darin die senkrechte Wand, wie sie in der Cella 
dargestellt ist, sichtbar sein. Ebenso war im Innern über 
den Säulen ein geschlossener Raum nötliig, nicht sowohl 
um eine schattige Stelle zu schaffen (denn sie lag zu 
hoch, um Kühlung zu verbreiten), sondern um das Ge- 
fühl eines innern Raumes zu geben. Betrachtet man nun 
aber diesen obern Theil als eine Wand, so wurde die 
Gliederung derselben schon durch die Steinfugen herbei- 
geführt, und es lag ganz im künstlerischen Sinne der 
Griechen, das, was sich an diesen als zufällige Folge 
darstellte, mit Bewusstsein zu trennen und auszubilden. 
Man vergleiche diese Zusammensetzung des Gebälkes 
mit dem ägyptischen Gesimse, so wird man die ästheti- 
sche Bedeutung undlWiohtigkeit jener griechischen Drei- 
theilung einsehen. Ueber den Säulenreihen in den ägyp- 
tischen Tempeln linden wir zunächst einen schmalen, 
völlig unverzierten Balken, darüber aber als Krönung die 
höhere, nach vorn zu ausladende Ilohlkehle. Allerdings 
enthält dies die noth-wendigsten Bestandtheile der Krönung 
einer Säulenreihe; jene erste Balkenlage repräsentirt die 
Mauer, und das hohle Gesims, welches die Deckenbalken 
aufnimmt, gewährt zugleich den Schutz und den ästheti- 
schen Abschluss des Gebäudes. Allein dies auf eine 
unentwickelte, unentschiedene Weise, denn jene Höhlung 
ist nur der unbestimmte LTebergang aus dem Aufrecht-
	        
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