Ihr
endlicher
Verfall.
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aus dem sie hervorgegangen. Es war zwar nicht mehr,
wie bei den ältern Völkern, die einseitige, begränzte
Natur eines bestimmten Landes; diese Schranken waren
für immer gebrochen, die freie, allgemeine geistige Bil-
dung bezog sich auch auf eine allgemeine Natur. Aber
mit dieser war sie auch verwachsen, ein sinnliches Ge-
präge haftete noch an ihren geistigen Leistungen. Dies
war der Keim des Verderbens, an dem diese erste grosse
Erscheinung menschlicher Freiheit sterben musste.
Ueberall in der geistigen wie in der leiblichen Schöp-
fung entwickelt sich höheres Leben aus dem Untergange
geringerer Geschöpfe; die Jahrhunderte der Geschichte
reihen sich an einander wie die Ringe einer Kette, der
eine muss" sich bis zu dem Punkte neigen, wo der an-
dere beginnen kann. Die höhere Stufe , welche die
Menschheit jetzt beschreiten sollte, lag weit über der
frühern, sie war mühsam. und schwer zu erreichen. Da-
her dieses lange Beharren , dieser langsame Verfall.
Bisher haben wir nur die ersten Zeichen dieses Verfalls
gesehen, von jetzt an erst greift er mehr um sich; aber
schon in diesem Auflösungsprocesse erheben sich die
Keime eines neuen Lebens , jenes Sinken und dieses
Aufsteigen sind nur zwei Seiten einer und derselben
Blrscheinung. Höchst augenscheinlich zeigt sich dies in
den Gestaltungen der bildenden Kunst. Aber eben des-
halb, weil beides so eng verbunden, müssen wir auch
die Darstellung dieses Herganges, den weiter fortschrei-
tenden Verfall der heidnischen, die ersten Richtungen
der christlichen Kunst, dem folgenden Bande, welcher
der Kunst in den Zeiten des "Christcnthums gewidmet
ist 2
vorbehalten.