Ihre
welthistorische
Bedeutung.
5.27
Allseitigkeit und Selbstständigkeit aus, so dass sie nun
vollbracht und ein Gemeingut aller Völker wurde; aber
sie konnten dies nicht ahnen, sie waren wie alle frühern
Völker von Vaterländischen und religiösen Gefühlen dabei
geleitet. Nur durch eine Uebersicht der ganzen Kunst-
schöpfung der Griechen , für welche ihnen selbst der
Standpunkt fehlte, konnte man die innere Totalität der-
selben gewahr werden. Dem praktischen Sinne der Rö-
mer entging sie nicht; sie gaben es auf, die Kunst aufs
Neue zu schaffen, da sie schon vollendet war. Aber
ihnen fehlte die ideale und philosophische Richtung zu
sehr, um sich darüber klar zu werden; die völlige Ein-
sicht dieses Zusammenhanges sollte erst sehr viel später
erlangt Werden.
Wenn aber auch für die Kunst diese Selbstständig-
keit ein zweideutiger Vortheil ist , so ist sie für die
Menschheit im Ganzen ein entschiedener Gewinn. Alle
geistigen Functionen lösten sich dadurch von einander
und schieden die fremdartigen Elemente aus, mit denen
sie bisher gemischt waren. Indem die Kunst sich voll-
ständig ausbildete, zog sie die sinnlichen Bestandtheile
an sich, welche bisher auch die Religion und Wissen-
schaft getrübt hatten; das geistige Leben der Mensch-
heit trat in diesen drei Formen vollständig hervor und
stellte sich dem Naturleben entgegen. Daher verschwand
denn nun auch die feindliche Trennung der Völker, und
die allgemeine Verbindung des menschlichen Geschlechts
wurde wenigstens als eine mögliche und als endliche
Bestimmung angedeutet. Das römische Reich hat dadurch
eine heilige Bedeutung in denweltgeschichte, dass es,
wenn gleich auf äusserliche Weise, nicht ohne Unter-
drückung und Willkür, zuerst diese Einheit der Völker