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Römische
Kunst.
dass
d ics
auch
N achtheile
mit
sich
führte.
Jene Wärme
der Nationalität, der volksthümlichen Religiosität war
ihr nun entzogen; sie lebte nicht mehr in der innigen
Verbindung und Wechselwirkung mit allen andern geisti-
gen 'l'hätigkeiten. Sie war gleichsam in die Welt ge-
stossen, und musste sich nun vorsichtiger und zurück-
haltender benehmen. Wer mit künstlerischem Sinne die
Schöpfungen der vorhergegangenen Völker betrachtet hat,
wird dies vollkommen empfinden; das Nüchterne und
Trockene der römischen Arbeiten ist nur eine Folge die-
ser Stellung. Gewiss wäre es dahin nicht gekommen,
wenn nicht die. Vollendung und allseitige Durchbildung
der griechischen Kunst die Selbstständigkeit dieses Ele-
ments gezeigt hätte; man denke sich eine andere, die
ägyptische oder gar die indische auf solche Weise von
einem andern Volke adoptirt, und man wird gleich fühlen,
welche widerwärtige Gestalt daraus entstehen müsste.
Die griechische Schönheit war in der That im Wesent-
lichen die allgemeine," allverständliche; die Römer procla-
mirten nur, was an sich selbst schon da war.
Andrerseits ist diese Losreissung der Kunst von dem
Boden der Nationalität eine günstige Erscheinung auch
für die Kunst selbst. Sie hat erst jetzt ihre geistige
Bestimmung erreicht, sie ist zur freien und bewussten
Aufgabe der Menschheit geworden; sie unterliegt nicht
mehr der Vermischung mit der Religion, einer Unklar-
heit, welche auch für diese verderblich war. Der Begriff
der Schönheit ist entstanden , wenn auch noch nicht
in seiner vollen Bedeutung gekannt. Dass die Alten
eine Kunstphilosophie noch so gut wie gar nicht be-
sassen , erklärt sich an dieser Stelle noch auf eine neue
Weise. Die Griechen bildeten zwar die Kunst in ihrer