522
Römische
Malerei.
wagen konnte, die der Sculptur versagt sind; man braucht
nur an jene herculanischen Tänzerinnen und Centauren
zu erinnern, um dies zu beweisen. Aber der höhere
Ernst der Kunst war minder begünstigt, nur bei höchster
Meisterschaft konnte er im Ausdruck einzelner Gestalten
erreicht werden ; er lag nicht im Grundtypus dieser
Kunst, so wie sie hier aufgefasst wurde. Daher ermüde-
ten denn die Künstler auch so bald, nachdem das Höchste,
was auf diesem Wege zu erreichen war, geleistet wor-
den, und man begnügte sich nun mit dem Anmuthigen,
Leichten, bVohlgefalligen, oder mit einer ziemlich schwa-
chen Erinnerung an die Formenschönheit der Plastik.
Dieser Mangel in der Richtung der Malerei beruhte zu-
nächst auf einem architektonischen Elemente; gewohnt
alles in der körperlichen Ründung oder in der Flächen-
ansicht aufzufassen, hatten die Alten für die Bedeutsam-
keit perspectivischer Verhältnisse keinen Sinn. Er beruhete
dann aber auch in etwas Ethischem, in dem Mangel des
Gefühls für das Innerliche, das sich im Auge ausspricht.
Bei den italischen Völkern sehen wir, dass dieses Gefühl
begann, aber es stand noch im WiderSpruchemit den
übrigen herrschenden Ansichten, und wenn es bei den
Etruskern vielleicht stärker War, wurde es bei den Rö-
mern durch ihre vorherrschende Beachtung des Aeusser-
liehen, des Scheines wieder unterdrückt. Die Andeutung
eines neuen Princips, welches erst viel später" zur Ent-
wickelung kommen sollte, war also vorhanden, aber den
Römern, deren thatkräftiger Sinn die Kunst nur wie ein
Fertiges ergriff, war es nicht verliehen, aus ihrem Innern
heraus ein Neues zu gestalten. Die Malerei blieb daher
bei ihnen in derselben Richtung, welche sie bei den Grie-
chen gehabt hatte, und nur etwa ihre weitere Anwendung