Bildnisse.
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wenig verhüllt werden, in der Behandlung der Gewänder
selbst sind diese Figuren, besonders die eine derselben,
der schönsten Zeit würdig. Nächst diesen sind unter
den weiblichen Statuen die beiden sitzenden der Agrip-
pina, eine im Museum zu Neapel, die andere im capito-
linischen zu erwähnen. Es ist dies jene ältere Agrippina,
die Gemahlin des Germanicus, welche mit den Weiblichen
Tugenden einer Gattin und Mutter soviel männlichen
Muth verband, um den aufrührerischen Legionen zu im-
poniren, und deren Schicksal uns Tacitus so rührend
geschildert hat. Ihre Würde und das Gefühl ihrer hohen
Abstammung war irieht ohne Stolz, der dazu beitrug,
ihre spätem Jahre zu verbittern. Alle diese Eigenschaften
erkennen wir an beiden Bildnissen in der schönen kräf-
tigen Gestalt, in der vornehm leichten und sichern Hal-
tung des Körpers, in dem festauflslickenden Gesiohte. Die
ircapolitanische Statue übertrifft die römische noch in
Grossartigkeit. Uebrigens stehen die idealisirten Porträt-
bilder den bekleideten nach; die individuellen Züge des
Kopfes contrastiren denn doch gewöhnlich mit den heroi-
sehen Formen des Körpers. Beispiele dieser Art sind
die heroische Statue des Germanicus im Palast Grimani
in Venedig und die sitzende des Tiber im Vaticaxi, an
welcher das Gewand wie am Jupiter geworfen, und der
böse, unsichere Ausdruck des Kopfes möglichst veredelt
ist. Unter den bekleideten sind die mit der Toga ver-
hüllten gewöhnlich edler und besser, als die im Harnisch.
Bei jenen ist an den Werken aus der frühem Kaiserzeit
die Gewandbehandlung von grosser Schönheit, wie z. B.
an dem in Capri gefundenen Tiber im Louvre und an
einem ähnlichen Bilde desselben Kaisers als Consul im
Vatican.
Die Harnische
der
gerüstetexl Statuen
32 5'
scheinen