Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

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Römische 
Sculptur. 
treue Nachahmung der Natur wirkt nachtheilig. XVenn 
man Züge auffasst, die in der steinernen Form ihr Leben 
und ihre tiefere Bedeutung verlieren, entsteht nothwendig 
etwas Starres und Rohes. Im Allgemeinen vermissen wir 
in diesen römischen Werken die Feinheit des griechischen 
Formensinns. Das Haar giebt nicht mehr den schönen 
WVechsel von breiten Massen und mässigen Schatten, es 
ist entweder dünn und oberflächlich angedeutet, oder zu 
detaillirt und gekünstelt, nach dem Gebrauch dieser spä- 
tern Zeit mit dem Bohrer ausgearbeitet. Auch in der Art. 
der Gewandung erkennen wir oft den Römer; die For- 
men des Körpers treten unter dem Stoffe nicht mehr so 
deutlich hervor, oder sie zeichnen sich mit absichtlicher 
Nachahmung des griechischen Styls in glatten Flächen 
ab; die Falten sind tief, hart und scharf, oft schon unver- 
standen und conventionell. Selbst die Körperverhältnisse 
erscheinen, ohne Zweifel durch ein genaues Ansehliessen 
an die Natur, schwerfällig; die Beine sind plump und 
ohne die feine, mässig detaillirte Gliederung, man bemerkt 
eine allzugrosse Länge des Oberleibes, welche noch heute 
in Italien häufig ist. Die Muskeln sind an männlichen 
Statuen oft mit einer rohen Uebertreibung, wie zur Dar- 
stellung einer gladiatorischen Kraft herausgearbeitet; die 
Züge nicht selten starr und gelangweilt. Bei alledem 
sind diese Bildnisse durch den Ausdruck derber, gesun- 
der Kraft und durch eine gewisse bürgerliche Naivetät 
in der Regel noch erfreulich, und bei manchen bewährt 
sich auch der ererbte Formensinn der Kunst noch in 
edelster 
Weise. 
Ueberaus gross muss die Zahl dieser Bildnisse, so- 
wohl in ganzer Figut wie in Büsten gewesen sein. Be- 
sonders die Statuen der Kaiser, ihrer Familienglieder und
	        
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