Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

Blüthezeit 
und 
beginnender 
Verfall. 
4-83 
Pompeji. Bekanntlich wurde diese unglückliche Stadt 
durch die Asche des Vesuvs (im J. 79 n. Chr. G.) ver- 
schüttet, noch ehe sie sich von dem Schaden, welchen 
ein sechszelin Jahre vorher erlittenes Erdbeben angerich- 
tet, völlig erholt hatte. Daher waren denn auch die 
grössern und öffentlichen Gebäude bei der Verschüttung 
noch nicht ganz wieder erbaut und wir besitzen in diesen 
unvollendeten Bauten unzweifelhafte Arbeiten aus Titus 
Zeit. Pompeji War ein Landstädteheil von geringer Be- 
deutung, und diese Bauten sind daher auch keinesweges 
mit grosser Pracht oder in kostbarem Material ausge- 
führt. Marmor kommt nur selten vor, gewöhnlich ist 
ein Tufstein aus der Umgegend gebraucht, den man mit 
Stuck überzogen und mit einem hellfarbigen Anstrich 
versehen hat. Vorherrschend ist die Anwendung des 
dorischen Styls, vielleicht war derselbe in diesen unter- 
italischen Gegenden bei der Nähe griechischer Colonien 
üblicher als in Rom , vielleicht aber wurde er hier bloss 
als der einfachere und wohlfeilere vorgezogen. Er ist 
im Ganzen noch ziemlich im griechischen Geiste und 
mit guten Verhältnissen behandelt, dem heitern, länd- 
lichen, anspruchslosen Charakter dieser Bauten sehr zu- 
sagend. Daneben finden sich freilich auch sehr missver- 
standene Formen, so ist namentlich (in einem Neben- 
gebäude des Isistempels) das fortlaufende Gebälk über 
dem 'l'hüreingange durch eine Bogenöffnung unterbrochen; 
eine Zerstörung des Gebälks in seiner Bedeutung, welche 
wir in gleichzeitigen ößentlichen Bauten noch nicht fin- 
den, und die uns ein Zeichen ist, dass diese späteren 
Formen nicht sowohl eine Erfindung der Architekten als 
ein Missbrauch waren, der aus dem Gebrauche selbst 
hervor-ging. Der Zeit der Flavier gehört dann ferner das 
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