Blüthezeit
und
beginnender
Verfall.
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Pompeji. Bekanntlich wurde diese unglückliche Stadt
durch die Asche des Vesuvs (im J. 79 n. Chr. G.) ver-
schüttet, noch ehe sie sich von dem Schaden, welchen
ein sechszelin Jahre vorher erlittenes Erdbeben angerich-
tet, völlig erholt hatte. Daher waren denn auch die
grössern und öffentlichen Gebäude bei der Verschüttung
noch nicht ganz wieder erbaut und wir besitzen in diesen
unvollendeten Bauten unzweifelhafte Arbeiten aus Titus
Zeit. Pompeji War ein Landstädteheil von geringer Be-
deutung, und diese Bauten sind daher auch keinesweges
mit grosser Pracht oder in kostbarem Material ausge-
führt. Marmor kommt nur selten vor, gewöhnlich ist
ein Tufstein aus der Umgegend gebraucht, den man mit
Stuck überzogen und mit einem hellfarbigen Anstrich
versehen hat. Vorherrschend ist die Anwendung des
dorischen Styls, vielleicht war derselbe in diesen unter-
italischen Gegenden bei der Nähe griechischer Colonien
üblicher als in Rom , vielleicht aber wurde er hier bloss
als der einfachere und wohlfeilere vorgezogen. Er ist
im Ganzen noch ziemlich im griechischen Geiste und
mit guten Verhältnissen behandelt, dem heitern, länd-
lichen, anspruchslosen Charakter dieser Bauten sehr zu-
sagend. Daneben finden sich freilich auch sehr missver-
standene Formen, so ist namentlich (in einem Neben-
gebäude des Isistempels) das fortlaufende Gebälk über
dem 'l'hüreingange durch eine Bogenöffnung unterbrochen;
eine Zerstörung des Gebälks in seiner Bedeutung, welche
wir in gleichzeitigen ößentlichen Bauten noch nicht fin-
den, und die uns ein Zeichen ist, dass diese späteren
Formen nicht sowohl eine Erfindung der Architekten als
ein Missbrauch waren, der aus dem Gebrauche selbst
hervor-ging. Der Zeit der Flavier gehört dann ferner das
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