Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

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Römische 
Architektur. 
aber nach festgestellter Regel verfährt, erreichg selbst 
ihre bedingte und unvollkommene Durchführung nur mit 
innerm Zwiespalt und mit V crsüxidiguiagen. 
Dies Urtheil über die römische Baukunst soll keines- 
weges ein völlig verwerfendes sein. Man darf nicht 
überall den höchsten Maassstab anlegen, die höchste innere 
Harmonie wird überhaupt nur selten, vielleicht niemals 
vollkommen erreicht; denn innerlich leidet jede histori- 
sche Erscheinung an einem Zwiespalt. Alles Menschliche 
muss daher nach seinen relativen Bedingungen beurtheilt 
werden. Geht man mit diesen Ansprüchen an die römi- 
sche Architektur, so erscheint sie noch höchst bedeutend. 
Ihre grossen Massen sind würdig und ilnponirenrl, die 
einzelnen Glieder verständig und wohlgeorilnet, die Or- 
namente (wenigstens in dieser Augusteischen Periode) 
mit Anmuth, Sauberkeit und einem wohlgefälligen Reich- 
thum behandelt. Vergleichen wir sie mit der griechischen 
Architektur, namentlich mit dem Style, Welcher allein sie 
würdig repräsentirt, mit dem dorischen, so vermissen 
wir freilich das, was vielleicht das Höchste ist, die or- 
ganische Einheit des Ganzen; aber wir finden auch man- 
che Vorzüge, die jenem fehlen. Zunächst die Grösse 
und das Imponirende, besonders aber das Mannigfaltige. 
Wir fühlen in jedem Werke römischer Baukunst, dass 
hier ein Princip zum Grunde liegt, welches der Anwen- 
dung auf jedes menschliche Bedürfniss fähig ist; eine 
reichgestaltete Welt eröffnet sich vor unsern Augen. Die 
Schönheit des griechischen Baues ist edle, einfache Na- 
tur, die des römischen trägt den Charakter der Bildung. 
Jene erscheint wie die nackte Jünglingsgestalt eines 
Heroen, diese wie der wohlgerüstete Krieger, dessen 
Waffen und Schmuck ihm nicht von der Natur gegeben,
	        
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