Zeitalter
Augusts.
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dass man sich hiebei hauptsächlich römischer Architekten,
nicht mehr wie sonst griechischer bedient habe. Genannt
wird uns namentlich Valerius von Ostia als der Bau-
meister des Pantheons. In dieser Zeit lebte denn auch
Vitruv, dessen architektonisches Lehrbuch, das einzige
des Alterthums , welches auf uns gekommen, uns so
wichtig ist. Dieses Werk zeigt ihn als einen tleissigen
und unterrichteten Mann, der das Technische und Aesthe-
tische seiner Kunst nach Kräften durchdacht hatte, keines-
weges aber als von höherer Kiinstlerweihe; vielmehr haben
seine Urtheile und Ansichten stets etwas Pedantisches
und Kleinliches. Als Baumeister scheint er nicht sehr
beliebt gewesen zu sein; er erwähnt nur eines von ihm
ausgeführten Gebäudes, einer Basilika in dem Landstädt-
chen Fano. S0 viel wir aber auch bei seiner Auffassung
der Kunst seiner Persönlichkeit zuschreiben mögen, so
wird er sich doch in seinen Studien an den allgemeinen
Geist der damaligen Lehrer der Architektur angeschlos-
sen haben, und sein Buch giebt uns daher in dieser
Beziehung wichtige Aufschlüsse. Da ist es denn sehr
augenscheinlich, dass die Theorie nicht ganz mit der
Praxis Hand in Hand ging. Vitruvs Bemühen ist bei
allen Gebäuden, für welche er Anleitung giebt, soviel
wie möglich eine bestimmte Regel hinzustellen, ein Ge-
setz, das, etwa wie die der Rechtspflege, genau befolgt
werden kann. Für jede Gattung der Tempel schreibt er
die Säulenzahl, die Maasse mit Entschiedenheit vor, jede
scheinbare Unregelmässigkeit ist ihm zuwider, mit dem
eigentlich griechischen Baustyl, dem dorischen, ist er
daher gar nicht sehr einverstanden, der Regelmässigkeit
zu Liebe ordnet er einen Gebrauch- mancher Glieder an,
welcher der ursprünglichen Bedeutung und dem Zwecke