Das
ionische
Kapitäl.
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aber bei der Verbindung beider Reihen der innere Thcil,
weil kein Raum für ihn vorhanden war, fortfallen musstel
Wenn wir über die Entstehung des ionischen Kapitals
reflectiren, so sehen wir darin eine cigenthümliche Vor-
aussetzung mit ihren Consequenzen durchgeführt, welche
nach der Natur der Sache wohl niemals oder nur "ein;
zelnc Male höchst zufallig bei einem Gebäude vorgekom-
men sein kann, und es scheint daher im Gegensatze
gegen die einfache Nothwendigkeit des dorischen Styls
hier eine recht willkürliche Erfindung stattgefunden
zu haben. Daher hat man denn auch diese Erfindung
aus verschiedenen vereinzelten Vorgängen herleiten wol-
len. Vitruv berichtet eine Anekdote, wonach die Voluten
durch eine Nachahmung der Locken des Frauenhaares
entstanden seien. Da man anfangs bei dem dorischen
Style das Fussmaass der natürlichen Gestalt des Mannes
und daher überhaupt die Verhältnisse des kräftigem und
breitern Körpers zum Grunde gelegt, sei ein Baumeister
in Ionien auf den Gedanken gekommen , zu grösserer
Zierlichkeit die schlanker-n Verhältnisse weiblicher Kür;
per anzuwenden, welche Beziehung zu einer weiteren
Nachahmung weiblicher Tracht in den Säulen, namentlich
der Falten des langen Rockes in den Kanncluren und der
Locken des Hauptes in den Voluten geführt habe. Durch
diese Erzählung Vitruvs nicht befriedigt, haben Neuere
dagegen die_Vermutl1ung aufgestellt, dass man, um. eine"
Beschädigung der auf den Echinuslzu legenden Platte
zu verhüten, Blätter, dielnachher fortgezogen werden
sollten, untergelegt habe, welche dann, durch die Schwere
des Steins gedrückt und durch ihre Elasticitiit- gekrümmt,
eine zierliche Form unter den Ecken der Platte gebildet
hätten, die einem Architekten nachahmenswrerth geschie-
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