Das
Pantheon.
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Christenthum nur geweckt worden sind. Der griechische
Tempel und selbst der römische Prostylus erscheinen uns
weniger kalt. Jener in seinen geschlossenen Säulenreihen,
dieser in der einfachen Form des Langhauses giebt uns
den Eindruck der Andacht, der Richtung auf einen be-
stimmten, belebten Gott, während in der kreisförmigen
Halle das Gefühl umherirrt, von allen Seiten gleich, von
keiner bestimmt angezogen.
Gewiss ist der Formgedanke des Pantheons , die
Verbindung des Gewölbes mit dem Rundbau, ein höchst
einfacher, nicht weniger einfach wie der des griechischen
Säulenhauses, aber er ist nicht mannigfaltiger Anwendung
und Entwickelung fähig, wie dieser. Ihm fehlt die zeu-
gende, poetische Kraft, er gleicht dem abstracten Ge-
danken des Mathematikers, der bei aller innern Reinheit
und Wahrheit kein Gefühl, kein Leben erweckt, keine
entgegenkommende Antwort hervorruft. Das Pantheon
ist daher höchst bezeichnend für das Wesen des Römer-
thums, für diese Welteinheit, in welcher das frische
Leben der Nationen erlischt, für diesen philosophischen
Monotheismus, in dem die Persönlichkeit und Bestimmt-
heit der Götter erblasst, und der dennoch niemals Volks-
glaube, niemals Religion werden kann.
Dasselbe Princip, die Wölbung mit rundem Unterbau
zu verbinden, blieb bis auf die letzten Zeiten des römi-
sehen Reiches vorherrschend; indessen scheinen doch
auch Rundgebäude wie das Pantheon nicht sehr gewöhn-
lich gewesen zu seinf). Häufiger wurde das Tonnen-
4') Andre Bundgebäuile in Rom, welche mit dem Pantheon grosse
Aehnlichkeithatten, sind der Tempel der Minerva Medica (die Galluze)
wahrscheinlich zu den Thermen der Cäsarn Cajus und Lncius, dann
die jetzige Kirche S. Bernardo, zn den diocletianischen Thermen,