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Römische
Architektur.
war der Sinn der Römer nicht geeignet; ihre Anlage und
Neigung führte sie nur auf Formen üppiger Weichheit,
schwerer Pracht oder dürftiger Nützlichkeit. Auch hingen
die Details des dorischen Styls so innig mit der ganzen
Anordnung des griechischen Tempels zusammen, dass
sie bei dem Grundrisse des römischen nicht anwendbar
waren. Die starke Verjüngung der Säulen setzte voraus,
dass diese das ganze Ilausvumgaben und so auf einen
innern Mittelpunkt hinwiesen, mit dem sie in der Bezie-
hung des Stützens und Anlehnens standen; bei einer
blassen Vorhalle würde dies mächtige Anstreben allzu
fühlbar das Gleichgewicht verletzt haben; hier mussten
mehr senkrecht begränzte Säulenstämme gewählt werden,
welche der senkrechten Wand der Cella entsprachen,
mit der sie in der Seitenansicht eine Reihe bilden muss-
Lende]. .Auch der Mangel der Basis, der im dorisehen
Bau angemessen war weil die Säulenreihe auf dem ge-
meinsamen Unterbau der Stufen ruhete, wäre hier störend
gewesen, da das Basament auch unter der Cella fortlief,
und mithin sich nicht ausschliesslich auf die Säulen be-
Zog. Hier musste daher die Säule ihren eignen Abschluss
haben, der sie von dem Basament abhob. -Auch das dori-
sehe Kapitäl sagte dieser Tempelform nicht zu; bei der
geringen Zahl der Säulen konnte diese einfache Form
4') Es versteht sich, dass hier nur von der ästhetischen WVirkung
der stark verjüngten dorischen Säulen, und zwar für die iiusserc
Ansicht der Rede ist; denn allerdings gab diese Säulenart in tech-
n ischer Beziehung nicht weniger wie die andere eine senkrechte Stütze.
Dass aber die Griechen die im Text ausgesprochene Unanwendbarkeit
der dorischen Säule am Prostylus wohl fühlten, dürfen wir daraus
sehliessen, dass kein einziger Tempel dieser Arit im tierischen Styl
existirt. Selbst. der Jupiters Tempel in Agrigent hatte auf beiden
schmalen Seiten den Prostylus, das Gleichgewicht war also herge-
stellt.