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Römische
Architektur.
ab; sie nähert sich auch in den Grundverhältnissen mehr
dem griechischen Tempel. Dagegen ist sie nicht, wie
bei diesem, ringsum von Säulen umstellt, sondern hat
nur vor dem Eingange einen Portikus, der auf einer ein-
fachen, oder ganz oder theilsveise verdoppelten Säulen-
reihe ruht. Die drei andern Wände der Cella Waren
dann ohne alle Oeifnung.
Durch diese Anordnung (die Vitruv zwar mit grie-
chischem N amen Prostylos nennt, die aber in Griechen-
land in den bessern Zeiten wenig oder gar nicht vorkommt)
ging dann zunächst der Charakter des in sich Einigen
und Abgesehlossenen, den der griechische Tempel hatte,
verloren; ähnlich wie bei dem etruskischen Tempel zer-
fiel das Ganze indzwei 'l'heile, in Halle und Cella. Diese
Zweitheiligkeit wurde indessen durch die Anwendung
griechischer Details und durch die Einwirkung griechi-
schen Geistes einigermaassen gemildert. Bei der einfachen
Cella war das ganze Gebäude nicht so breit, wie bei
der dreifachen der Etrusker. Es näherte sich zwar mehr
dem Quadrate, als der längliche Tempel der Griechen,
aber weniger als der der Etrusker; die Halle war daher
im Verhältniss zur Tiefe des Ganzen bei weitem schmä-
ler. Sie war auch weniger tief und erschien, weil die
Säulen nicht in so gespreizter Stellung standen, nicht so
offen und weit. Sie machte daher überhaupt nicht den
selbstständigen Anspruch, wie dort, sondern war mehr
ein untergeordneter Theil des Ganzen. Dazu kam noch
ein Umstand; bei dem Mangel einer umherlaufenden
Säulenhalle konnten auch die Stufen als Basament des
Tempels nicht wohl ringsumher angebracht werden, es
würde einen widersprechenden Eindruck gemacht haben.
wenn sie zu den unzugänglichen Mauern der Seiten- und