Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

Verhältniss 
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Kunst. 
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musste griechische gebrauchen. Die Kunst genoss in Rom 
niemals die Liebe, welche das Selbsterzeugte erhält; in 
der That War sie als Beute mit Waffengewalt erobert. 
Der Kuustsinn der Römer war immer nur der des reichen 
Mannes, der was er besitzt auch beurtheilen zu können 
meint; es knüpfte sich an den Erwerb die Verachtung 
des Erworbenen und der Urheber. Zu dieser rohen An- 
sieht kam denn noch die Einwirkung der stoischen Philo- 
sophie, die vor allen andern griechischen Systemen bei 
den Römern Glück machte, deren übersinnlieher Hochmuth 
dem Kunstsiilne entschieden ungünstig war. Jene mittlere 
Region des Lebens, in welcher die Kunst ihren Boden 
hat, die Durchdringung geistiger und sinnlicher Elemente 
blieb den Römern stets ein fremdes Gebiet; sie kannten 
und schätzten im vollen Maasse nur entweder die äusser- 
liche Bedeutung der Dinge, Reichthum, Herrschaft, Macht, 
oder die leere Freiheit des Geistes, der in einsamer 
Selbstgefälligkeit die Erscheinung verachtet. Eine Rich- 
tung, die in den neuem Jahrhunderten so vielfach ge- 
herrscht hat, und der wir einen Vorzug in praktischer 
Beziehung, für die Leitung weltlicher Angelegenheiten 
vielleicht nicht absprechen dürfen; so manche Selbsttäu- 
schung, so manche Verwirrung, der ein ideales Streben 
ausgesetzt ist, werden dabei vermieden. Wir müssen es 
daher auch als ein weltgeschichtlich wichtiges und heil- 
sames Element anerkennen, dass jener geistig tieferen 
und künstlerisch unendlich höheren Richtung des griechi- 
schen Volkes der praktische Sinn des römischen gefolgt 
ist. Auf der gemeinsamen Grundlage des europäischen 
Charakters, der Fähigkeit zu individueller Freiheit, bilden 
Beide polarische Gegensätze , welche sich ergänzen. 
Jeder besitzt, was dem andern fehlt, und beide vereint
	        
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