Ihr
Verhältniss
ZUT
Kunst.
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des Volks, dasselbe Gefühl, welches von den ältesten
Zeiten da gewesen war, welches sich anfangs in der
unbefangenen Aufnahme erst der etruskischen, dann der
griechischen Kunst, und später in dem Eifer der strengem
Sittenrichter gegen solchen höhern Luxus und gegen die
feinere Bildung der Rede schon längst deutlich ausge-
sprochen hatte. Wirklich hatten diese Eiferer nicht ohne
Grund gefürchtet; die Kunst stand in der That in einem
Gegensatze gegen die römische Sitte, in einem Zusam-
menhange mit ihrem Verfall. Dieser Staat und diese
Sitte waren selbst ein Kunstwerk verständiger Berech-
nung, nach einer ganz andern Regel construirt, als die der
eigentlichen Kunst ist; diese setzt die freie Ausbildung
des natürlichen Elements voraus, jene eine bedingte, in
feste Gränzen eingeschlossene Entwickelung. Aber eben
so wenig durfte Rom ganz der Kunst beraubt sein. S0,
roh wollten selbst jene Eiferer Rom nicht haben, dass es
der Kunst ganz enlbehre, es sollte sie nur nicht üben.
Auch hier sollte es haben und nicht sein. Es bedurfte
sogar des Gegensatzes gegen die feiner gebildeten Völ-
ker desselben Stammes, ihre weichlichere Cllllllll" diente
der römischen Kraft als Spiegel, vor dem sie sich übte.
Später wurde dieser Zusammenhang des römischen Cha-
rakters mit der Kunst noch deutlicher. Als bei weiterer
Ausdehnung der Macht und bei grösserem Reiohthume die
alte Strenge und Einfachheit der Sitte nicht mehr aus-
reichte, als römische Feldherrn und Staatsmänner fremde,
nach andern Principien gebildete Völker zu beherrschen
hatten, und daher auf feinere Rücksichten sich einlassen
mussten, da wurde die Härte jener egoistischen Moral
anschaulicher. Die Natur trat gegen diesen conventionelleil
Zwang in ihre Rechte ein, und es wurde Bedürfniss,