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Römen
der
römischen
Welt
bei
aller Herrlichkeit
und
der Macht
Blüthe war es nicht anders, dieser äussere Glanz barg
stets einen innern Kampf. Zur Zeit der Republik war er
weniger bemerkbar, weil ein höchst energisches, edles
Streben die Gemüther beschäftigte, und sie siegreich von
Erfolg zu Erfolg aufwärts führte. Da erschien denn
grade jene altrömische Strenge und Härte als eine 'l'ugend,
weil sie dies innerliche Bewusstsein des Widerspruchs
unterdrückte, damit es nicht den Muth des kämpfenden
Volkes schwächte. Als aber das Ziel erreicht war, als
mit der Weltherrschaft sich auch das ruhigere System
der kaiserlichen Regierung ausbildete , da. wurde der
Zwiespalt auf das Schrnerzlichste empfunden. Die edelsten
Gemüther sind unter solchen Bedingungen die härtesten,
weil sie mit begeisterter Treue an den Formen hängen,
deren vollendete Ausbildung die nächste Vorzeit gewährte.
Daher ihr Widerstreben gegen die monarchischen Ten-
denzen, welche freilich aus demselben Grunde nicht rein,
sondern mit egoistischen Zwecken auftraten, daher ihr
verzweifelnder Schmerz, als sie das Alte nicht mehr auf-
recht halten konnten. Obgleich die Alleinherrschaft un-
entbehrlichwar, lebte doch auch noch in allen Gemüthern
der Gedanke der Republik; die Monarchie kam daher
auch nie zu einer festen Verfassung, sie blieb stets eine
Herrschaft der Willkür ohne feste Formen, ein fort-
dauernder Zustand iieberhaften Wechsels, dessen lange
Dauer die kernhafte Gesundheit der alten Welt oder die
Fügsamkeit der menschlichen Natur beweiset.
Ebenso war es in religiös er Beziehung. Der Gedanke
einer innern Einheit alles Religiösen schwebte allen Völ-
kem der alten Welt vor, deshalb glaubten sie ihre Götter
überall wieder zu finden, ohne über die Namen zu streiten.