Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

Volkscharakter 
und 
Sitte. 
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nach Aussen, sondern auch die Reinheit und Mässigkeit 
des Privatlebens. In allen diesem stehen die Römer von 
Anfang an den Griechen näher. Auch die Begriffe von 
der Würde und Bedeutung des Einzelnen sind sehr ver- 
wandt; wie dem Griechen das Ideal eines guten und 
schönen Mannes, stand dem Römer ein Vorbild kräftiger 
Tugend, Ehrbarkeit und Sitte vor Augen. Bei aller patrici- 
sehen Religiosität der frühem Zeiten machte sich der Trieb 
nach eigner würdiger Haltung, nach der Festigkeit und 
Durchbildung des moralischen Charakters sehr bald selbst- 
ständig geltend, und je mehr jene hergebrachte Religio- 
sität erlosch, je mehr freieres Denken sich ausbildete, 
desto entschiedener und wirksamer wurde dieses mora- 
lische Selbstgefühl. Es (lurchdraug das tiefste Leben 
der Nation; noch in der Verderlmiss der Kaiserzeit hielt 
es die Gemüther aufrecht. 
Doch unterscheidet dieses moralische Ideal der Römer 
sich 
sehr 
wesentlich 
VOI) 
dem 
Griechen. 
der 
Bei diesen 
war es auf Schönheit und Vollendung der sittlichen Ge- 
stalt in individueller Harmonie, bei jenen mehr auf die 
Ehrbarkeit der äusseren Erscheinung gerichtet, bei der man 
zwar das Bewusstsein innerer Befriedigung auch erstrebte, 
zunächst aber doch den Beruf, sich in äusserlicher WVürde 
dem Volke als Vorbild zu zeigen, im Auge hatte. Charak- 
teristisch nennen jene dies Ideal 1:6 uotldv, das Schöne, 
diese honestum, das Ehrbare. Der römische Sinn ist 
daher praktischer, er nimmt mehr Rücksicht auf die 
schwache, sündhafte Natur des Menschen, er strebt nicht 
nach dem Unerreichbaren; er ist aber Weniger wahr, 
weniger in sich einig. Die römische Tugend geht nicht 
so tief aus dem Innern des Gemüthes hervor, sondern 
aus einer mehr zu Tage liegenden Region; sie wird
	        
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