Vergleichende
Schlussbetrachtung.
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zeigt. Man kann dies zunächst als eine Folge des Man
gels ansehen; die Gestalt, die in ihrer gesonderten Er-
scheinung nicht so befriedigend schön war, musste sich
mit andern zu einem Bilde, zu dem Bilde unter dem
Augenpunkte des Einzelnen, zusammenordnen. Aber es
liegt dennoch eine tiefere Bedeutung darin. So wie die
Rücksicht auf das innerliche Leben, die Sorge um Gut
und Böse, um das Heil der Seele eintritt, sucht man
ilatürlich das Auge, es stellt sich die Neigung ein, die
Gestalten in der Vorderansicht zu sehen. Der Hcros oder
Mensch, auf welchen diese Sorge gerichtet ist, wird
dadurch der Mittelpunkt der Betrachtung; er gehört nicht
mehr in die gleichmässige Reihe mehrerer Gestalten,
sondern die andern müssen sich um ihn gruppiren. Wir
sehen darin auf eine merkwürdige Weise, mit welcher
Sicherheit auch bei weniger entschiedener Anlage zur
Kunst die geistige Richtung sich eine neue Form erschafft.
In der Architektur tritt diese Eigenthümlichkeit auf viel
ungünstigere Weise hervor; hier zeigt sie sich nur als
die Auflösung der schönen organischen Einheit des
griechischen Baues, als das Getrennte, Spröde, Unzu-
sammenhängendc. Aber eben dadurch entspricht beides
vereint dem Standpunkte des etruskischen Volks, das
jene äusserliche Weltansicht der alten Zeit noch nicht
verlassen hatte, aber damit schon, wenn auch zum Nach-
theil der völligen Einheit, eine tiefere Rücksicht auf das
Innerliche verband.
Auch mit den Persern findet sich endlich eine nicht
unwesentliche Aehnlichkeit; vielleicht schon in der Art
des Priesterregiments , gewiss in der religiösen Richtung.
Wie bei jenen sich das Reich des Ormuzd, des Lichtes,
von dem der Finsterniss, des Ahriman, scharf sonderte,