Verfassung
und
Religion.
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sich damit die Begriffe von Lohn und Strafe oder doch
von Glück und Unglück. Jeder Einzelne hatte, scheint
es, zwei Genien, den guten und den bösen, beide in
einem Kampfe um ihn begriffen, den wir auf den zahl-
reich erhaltenen Ascheilkistexi und also mit deutlicher
Beziehung auf den Tod dargestellt sehen. Diese Genien
sind geflügelte , kampffähige Weibliche oder männliche
XVesen, und zwar der gute von weisser, der böse von
schwarzer Farbe. S0 ziehen sie in den Wandmalereien
der Gräber die trauernde, verhüllte Seele auf ihrem Wa-
gen von dannen. Die Lehre der-Etrusker erhielt dadurch
einen moralischen Schein. Ein Grieche aus der Zeit des
August (Dionys VOIIAIIEIlÄkaFIIHSSD vergleicht die römische,
seiner Darstellung nach von Romulus eingeführte Religion
mit der griechischen, und wir können, da im YVesent-
liehen jener römische Cultus etruskischen Ursprungs war,
uns hier auf ihn beziehen. Da rühmt er es denn, dass
der römische Gesetzgeber die unsittlichen Fabeln der
Griechen, den Kindermord des Saturn, die Empörung des
Jupiter gegen seinen V atcr und Aehnliehes nicht aufge-
nommen habe. Auch manche griechischen Mythen, fügt
er hinzu, enthielten Nützliches, zum Trost bei mensch-
lichen Zufäillen oder zur Abwehr von Leidenschaften
und 'l'horheiten, aber meistens würde dies Heilsame nur
den VVeisern und tiefer Blickenden anschaulich, während
der grosse Haufe nur das Schlimmere auffassc und ent-
weder die Götter als leidend wie Menschen verachte,
oder sie gar zum bösen Beispiele brauche. Nach einer
solchen politisch klugen Rücksicht scheint in der That
die Lehre der Etrusker gebildet zu sein.
S0 Wie die Einzelnen ihre Genien, so hatte denn
auch jedes Geschlecht seine Laren, jeder Haushalt