Philosophische
Kunstlclu-e.
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nicht nur den Philosophen angenehm, sondern auch den
andern wenn sie es schnell thun könnten. Deshalb er-
freuten sie sich an Bildern, weil sie diese betrachtend
vergleichen und so darüber urtheileil könnten, was jeg-
liches Ding sei. Man sieht, dass auch hier eine sehr
tiefe und begeisterte Kunstlehre noch nicht gedeihen
konnte, und in der That steht auch die des Aristoteles,
wie golden und bedeutsam einzelne seiner Erfahrungssätze
sein mögen, noch auf einer niedrigen Stufe. Indessen ist.
doch bei ihm schon der Uebergang zu den Auffassungen
der Spätern zu erkennen.
Jene platonischen Kunstansichten, auch selbst die
Widersprüche, welche man darin nachweisen kann, sind
dagegen höchst charakteristisch für den eigentlich grie-
chischen Standpunkt. Platon ist offenbar noch nicht dahin
gekommen, die Kunst von den Lebensaufgaben oder über-
haupt die theoretischen Elemente von den praktischen zu
trennen. Seine Philosophie gewährt ihm wohl reine Er-
kenntnisse, aber diese sind nur ein Mittel; ihr eigent-
liches Ziel ist ein praktisches, sie soll den Menschen im
Einzelnen und im Staate zum Guten und Schönen machen.
Sie ist daher selbst ein künstlerisches Bestreben, und
zwar das höchste, welches nach den höchsten Ideen und
nicht bloss zu eitler Ergötzmig, sondern mit der Kraft
voller Wirklichkeit schafft. Daher blickt er denn auf
jene andre Kunst, die ohne Einsicht und ohne nützlichen
Zweck bildet, mit einer Geringschätzung herab, die viel-
leicht nicht ohne geheime Eifersucht ist; denn auch er
musste fühlen, dass diesen Künstlern ihr Werk mehr als
ihm gelinge. Hieraus erklärt sich denn die merkwürdige
Erscheinung, dass Platon, der Verächter der Kunst, grade
vorzugsweise die Begeisterung der künstlerisch Gesinnten