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Griechische
Kunst.
Besonders eifert er gegen die Dichter; von Homeros an
geben alle nur Schattenbilder der Tugend und der andern
Dinge, worüber sie dichten, die Wahrheit aber berühren
sie gar nicht. In seinem Staate werden daher die Künste
sehr strenge behandelt. Die Tragödie und Komödie
sind gar nicht geduldet , weil sie die Verherrlichung
schlechter Gemüthsverfassungen geben; ihre Meister und
Darsteller werden, wie es in anmuthiger Laune heisst,
zwar als heilige, wunderbare und süsse Männer verehrt,
aber, das Haupt mit vieler Salbe begossen und mit Wolle
bekränzt, in eine andere Stadt geleitet. Auch in der
Musik sind nur zwei 'l'onarten gestattet, die kriegerische
oder gewaltige und die besonnene; vielseitige Instrumente
und Flöten werden verbannt. Ueberhaupt werden die
Künstler überwacht," und nursolche zugelassen, welche
eine glückliche Gabe besitzen, der Natur des Schönen
und Anständigen überall naehzuspüren.
Bei Aristoteles steht die Kunst schon in höherer
Achtung; er hat ihr bekanntlich ein eigenes Buch ge-
widmet, die Poetik. Hier vergleicht er in einer vielbe-
sprochenen Stelle die Poesie mit der Geschichte und
nennt jene philosophischer und vortreiflicher, weil sie
das Allgemeine und die Dinge, wie sie werden sollten,
diese dagegen das Einzelne und Geschehene darstelle.
Zwar setzt auch er den Zweck der Kunst nur in die
Nachahmung, aber doch in einem weitern Sinne, indem
er eine dreifache Nachahmung unterscheidet, die von dem,
was war oder ist, die von dem, was nur in der Sage
und in der Meinung der Menschen lebt, und endlich die
von dem, was sein soll. Er nimmt also schon eine Nach-
ahmung des Gedachten an. Die Bedeutung der Nach-
ahmung liegt aber im Lehrreichen; denn zu lernen sei