Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

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Griechische 
Kunst. 
veredelt, das Geistige in unauflöslichei- Einheit mit der 
sinnlichen Erscheinung. Der Mensch wird nicht in der 
bleibenden Innerlichkeit der Seele, sondern nur in der 
flüchtigen, äusserlichen That erkannt. Das Edle und 
Nachzuahmende in dieser ethischen Vorstellung ist der 
Begriff einer vbllen Harmonie, der völligen Individuali- 
tät, aber sie wollen diese gleichsam zu leichten Kaufs 
erlangen. Es ist ein jugendliches Ideal, das gegen die 
Gesetze der Wahrheit und Wirklichkeit verstösst, und 
daher auch in der Wirklichkeit nicht realisirt wird. In 
ihren philosophischen Forschungen gehen sie ZWIH zum 
Theil über diese Schranken hinaus; aber auch hier noch, 
so lange die Philosophie jenen griechischen Grundzug 
harmonischer Durchbildung festhält, bei Platon, giebt sie 
nur einschönes, erhabenes, vielfach lehrreiches, aber 
doch der WVirklichkeit exitrücktes Phantasiebild. Bei 
Aristoteles 
tritt 
sie 
ZWEI? 
schon 
der 
Wahrheit 
bedeutend 
näher, aber nur als subjective Forschung, nicht mit der 
Kraft zu neuer Gestaltung der griechischen Welt. Sie 
überschritt gleichsam die Gränzen des griechischen Gei- 
stes und wurde, wie ein Vermächtniss, erst kommenden 
Geschlechtern recht fruchtbar. 
Für die Kunst war nun dieser Mangel bei Weitem 
nicht so gefährlich und dagegen jene Richtung auf har- 
monische Individualität höchst günstig; hier waren die 
Griechen daher auch dann noch schöpferisch oder doch 
fruchtbar, als ihre Sittlichkeit schon erschlafft und unkräf- 
tig zu grossartiger Gestaltung war. Dennoch können wir 
auch in der Kunst die Mängel dieser Weltansicht spüren. 
Alle Aufgaben, die über die Gränze der einzelnen schönen 
Persönlichkeit hinausgehen, blieben unberührt oder wurden 
unvollkommen gelöst. Dahin gehört vorzüglich die Land-
	        
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