Andre
plastische
Werke.
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Unter den auf uns gekommenen Werken des Alter-
thums mögen noch mehrere Originalarbeiten dieser Zeit
sein , wie etwa die berühmte Ariadne (früher Kleopatra
genannt) im Vatican, ein herrliches, schlafendes Weib
in den edelsten Formen, und der barberinische Faun,
(jetzt in München) das geistreichste Bild der Trunken-
heit. Eins der bewundernswürdigsten plastischen Werke
des Alterthums mögen wir auch in diese Zeit setzen,
den Torso des Vatiean, der Inschrift zufolge von einem
sonst unbekannten Apollonius von Athen. Dieses Fragment,
dessen Kopf, Arme und Beine leider fehlen, zeigt den Kör-
per eines sitzenden Mannes in kräftigem Alter. Seine
Muskeln sind stark, wie durch Kämpfe herausgearbeitet,
aber keinesweges hart, sondern in lebensvoller Weiche,
mit dem schönsten Schwunge der Linien, die wie sanfte
Wellen in einander schmelzen. Wenn die Verstümmelung
dieses Meisterwerks zu bedauern ist, so hat sie für uns
den Vortheil, uns recht ausschliesslich auf den Theil der
antiken Kunst hinzuweisen, in welchem sie am Grössesten
war, auf die bedeutsame Behandlung des Körpers. Mehr
als vor irgend einem andern Werke fühlen wir hier, wie
jede Muskel Leben und geistiges Leben ist, und wie
eine göttliche Hoheit sich mit der vollsten Wirklichkeit
verbindet. Man glaubt mit Grund, dass der Torso einen
ruhenden Hercules darstellt, „wie er sich von den Schlac-
„ken der Menschheit mit Feuer gereinigt, und die Un-
nsterblichkeit und den Sitz unter den Göttern erlangt
what" Dass wir die Darstellung eines Gottes sehen,
ist nicht zu bezweifeln, denn die Gestalt zeigt nur das
Nothwendige der menschlichen Bildung, alles Zufällige
ist verschwunden, Adern und Sehnen sind nicht sichtbar.
n
Winkelmann,
167.
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