Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

vaticanisclae 
Der 
Apoll. 
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Exemplar Wirklich so spät entstanden, so folgt daraus 
nicht, dass es das Original sei. Es ist sogar nicht wahr- 
scheinlich, dass man das Hauptexemplar eines so vor- 
züglichen Werkes in dem kleinen Städtchen gelassen 
hätte, und die geniale Ausführung ist kein Hinderniss, 
es für eine Copie oder Nachahmung zu halten, da wir 
durch viele Beispiele, xiamentlich durch manche in meh- 
rern Exemplaren auf uns gekommene Statuen uns von 
der Vortrefflichkeit antiker Copien eine sehr grosse Vor- 
Stellung machen können. 
vBekanntlich zeigt diese, durch Nachbildungen aller 
Art verbreitete Gestalt den Gott männlich jugendlich, in 
schreitender Stellung, den linken Arm mit dem Zipfel 
der Chlamys horizontal gehoben, das Haupt in leichter 
kühner Bewegung, in die Ferne schauend. Die edelsten, 
leichtesten Formen jugendlicher Kraft und schlanker 
Männlichkeit geben das würdige Bild einer höhern Na- 
tur, Blick und Haltung sind die trefflichste Versinnlichung 
des Fernhintreifenden, wie Homer den Apollo nennt. 
Ueber die Bedeutung dieser Auffassung ist viel gestritten; 
eine gewöhnliche 'l'empelstatue, die einfache Darstellung 
des Gottes in seiner charakteristischen Gestalt, ist sie 
gewiss nicht, dafür ist alles zu momentan, zu individuell, 
sie bezieht sich vielmehr augenscheinlich auf einen be- 
stimmten mythischen Hergang. Die gewöhnliche Erklä- 
rung denkt an den Sieg über den Drachen Python, etwa 
an den Augenblick, wo der Drache von den Pfeilen des 
Gottes gefallen oder im Fallen begriifen ist; Andere 
glauben hier Apoll als den schützenden, der die Pest 
vertreibt, oder gar als den verderblichen, Pestbringenden, 
etwa so wie er im Anfange der Ilias erscheint, deuten 
zu können. Auch an die Strafe der Niobe könnte man
	        
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