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Vierte Periode
der
griecll.
Kunst.
Thieres anbinden. Sowohl in der Anordnung als in geisti-
ger Wirkung steht diese, der Masse nach bedeutend
grössere Gruppe hinter dem Laokoon weit zurück; es
fehlt ihr sowohl an einer architektonischen Einheit als
an einem geistigen Mittelpunkte des Interesses. Die Ge,
stalten haben in der Heftigkeit ihrer Bewegungen etwas
'I'heatralisches, die Linien durchschneiden sich unruhig;
das Ganze ist nicht viel mehr als ein sinnlich imposanter
Schmuck eines öffentlichen Platzes.
Ein anderes berühmtes und vielbesprochenes Werk,
welches ich dieser Zeit zuschreiben möchte, ist der s. g.
Apoll vom Belvedere im Vatican. Zwar ist seine
Entstehungszeit ebensowenig wie der Künstler, von dem
er herrührt bekannt, und manche Gründe sprechen dafür,
dass Wenigstens diese Statue erst in der Kaiserzeit und
in Italien gearbeitet sei. Gewiss wäre dieses, wenn,
wie einige Sachkundige behauptet haben, der Marmor
nicht griechischer, sondern carrariseher wäre; indessen
wird dies von andern bestritten oder bezweifelt Der
Fundort Capo d'Anzo, das alte Antium, war ein Lustort
der ersten Cäsarerl, Caligulais und Nero's Geburtsort, und
daher erst in dieser Zeit besonders begünstigt. Allein
bekanntlich war ja Italien reich genug an griechischen
Werken, und es war nicht wohl denkbar, dass alles,
was in einem Palaste aufgestellt werden sollte, erst für
denselben gefertigt wurde w). Wäre aber auch dies
ü) vSo viel ist gewiss, dass er nicht zu der gewöhnlichen Art
des carrarischen Marmors gehörte Gerhard in der Beschreibung
der Stadt Rom. Th. II. S. 158.
H) Die Folgerung aus dem Fundorte auf die Zeit ist eine all-
zugcwagte. Der Farnesische Hercules, der Torso des Belvedere, die
berühmte Flora, der Farnesische Stier sind in den Thermen des Cara-
calla gefunden. Wer möchte sie aber für Arbeiten aus der Zeit
dieses Kaisers halten?