Die
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des
Laokoonm.
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der höhern Kunst gesprochen; wenn ich nicht irre, besteht
er hauptsächlich in dieser Ruhe in der Bewegung, in dem
Mässigen, welches das Momentane zum Ewigen erhebt,
das Leidenschaftliche läutert.
S0 war es eine doppelte, allerdings innerlich zusam-
menhängende Rücksicht, welche Darstellungen wie die
des Laokoon in der schönsten Zeit nicht aufkommen
liess, eine künstlerisch psychologische und eine sittlich
ästhetische. Freilich sind beide dem Erfinder des Laokoon
noch nicht fremd. Seine Auffassung zeigt uns nicht bloss
die gewaltsamen Aeusserungen sinnlichen Schmerzes,
sondern ein geistiges, männliches Erheben (larüber, seine
Ausführung geht zwar schon ziemlich weit in detaillirter
N aturwahrheit, aber sie bleibt auch da noch in den Schran-
ken des edlern Styls; indessen ist dennoch jenes Erheben
schon mehr die stoisch-herbe Bewältigung, wie sie in
der römischen Zeit sich ausbildete, als der reine Auf-
schwung der Seele, und das Sinnliche des Schmerzes
hat jedenfalls an unserm Mitgefühl einen grossen Antheil.
Die andere bedeutendste Gruppe, welche uns übrig
geblieben, ist wahrscheinlich auch ein Werk dieser Zeit;
sie ist unter dem Namen des Farnesischen Stiers
bekannt, und jetzt mit den übrigen Stücken der Farne-
sischen Erbschaft in Neapel. Plinius erwähnt ihrer als
von Rhodus nach Rom gebracht und nennt die Künstler
Apollonius und Tauriscus aus Tralles. Auch hier ist der
Gegenstand ein sinnlich-tragischer. Lykus hatte die
Antiope verstossen, um sich mit der Dirce zu vermählen;
die Söhne der ersten Gemahlin Amphion und Zetus,
rächen ihre Mutter, indem sie die Dirce von einem Stier
schleifen lassen. Der Moment ist der, wo die Jünglinge
die unglückliche Dirce an die Hörner des wüthendeil