Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

Die 
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des 
Laokoou. 
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Kunst, wo nichts Persönliches mitwirkt, sondern etwas 
Fremdes uns ergreifen soll. Da kommt es vor Allem 
darauf an, die Phantasie des Zuschauers zu erregen. Um 
dies zu bewirken, muss die Kunst ihr wohl entgegen- 
kommen, ihr Stützpunkte darbieten, an denen sie sich 
erhebt, nicht aber den Gegenstand in seiner ganzen sinn- 
lichen Breite erschöpfen. Wollte sie ihr alles vorlegen, 
ihr nichts übrig lassen, so würde ihre Wirkung geringer 
sein. Sehr deutlich können wir das wahrnehmen, wenn 
wir selbst den Versuch machen, das, was der Künstler 
verhüllt, uns vollständig auszumalen; schon dies schwächt 
die freie Wirkung des Werks. Das Sinnliche ist überall 
nur ein Mittel des Geistigen, wenn es überwiegend wird, 
ertödtet es dies; der Moment des sinnlichen Leidens ist 
daher nicht der vorzugsweise wirksame. Hauptsächlich 
gilt dies für die bildende Kunst, denn in der Poesie" selbst 
ist schon das Medium der Sprache ein geistigeres, und 
auf der attischeil Bühne hinderte die Maske und gewiss 
auch die musikalische Begleitung eine grob sinnliche 
Auffassung, so dass mit Recht in den bessern Zeiten die 
Plastik noch nicht so weit ging wie die Tragödie. Diese 
schonende Rücksicht auf die Phantasie, dieses Maasshalten 
in der vollen sinnlichen Wahrheit ist nun der griechischen 
Kunst durchaus eigen. Es mochte wohl kein ausgespro- 
chenes Princip sein, es war diesem Volke von so leben- 
diger Phantasie natürlich. Den Künstler riss das Feuer 
des eigenen Gefühls fort und er rechnete auf die ent- 
gegenkolnmerlde Erregbarkeit der Beschauer. 
Es hängt dies zusammen mit dem was man die Ruhe 
der griechischen Kunst nennt. Eine todte starre Ruhe, 
wie die der ägyptischen Statuen, war ihr immer sehr 
fremd, vielmehr strebte sie recht eigentlich nach Leben,
	        
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