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Vierte
Periode
der
griech.
Kunst.
zusammengesetzte Stoff zu erwägen, wodurch der Ver-
gleich mit dem Leben ausgeschlossen wurde und das
Kolossale als ein Ausdruck des Uebernatürlichen, als die
angemessene Erscheinung göttlicher Hoheit, sich dar-
stellte. Hier aber, wo das Bild stehend, dem Styl der
Zeit gemäss in den bewegten Formen des individuellen
Lebens ausgeführt war, musste diese gewaltige Ausdeh-
nung eine entgegengesetzte Wirkung hervorbringen, sie
musste die Formen leer und bedeutungslos machen, und
erschien als eine hohle Anmassung. Nur 54 Jahre stand
dieser Koloss, ein Erdbeben warf ihn, wie zur Rüge des
menschlichen Hochmuths, zu Boden.
Von da an scheint sich in Rhodus eine eigene Schule
gebildet zu haben, welche die Plastik mit einer neuen
Art der Darstellungsweise bereicherte , indem sie die
Gruppen erfand. Früher hatte man wohl in den Gie-
belfeldern und sonst freistehende Statuen zur Darstellung
einer Handlung zusammengestellt, aber immer so, dass
jede einzeln für sich, von den andern gesondert blieb;
jetzt erst begann man Momente eines leidenschaftlichen
Handelns durch mehrere, auch äusserlich verbundene, un-
ter einander verschlungene Gestalten darzustellen. Eine
Aufgabe, die eigentlich dem Gebiete der Malerei ange-
hört und daher manches den höhern Gesetzen der Plastik
entgegemvirkendes mit sich bringt, die aber auch ausser
dem Werthe der Ueberwindung grosser technischer
Schwierigkeiten, mancherlei feine Wechselwirkungen so-
wohl in Beziehung auf geistigen Ausdruck als auf die
Erscheinungen der Formen und des Lichtes gewährt,
und also wohl eine Erweiterung des Kunstgebiets genannt
werden darfl
Das Vorzüglichste, was
in dieser Weise kennen,
wir