Architektur.
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aber
bei
den
kürzen-n
Dimensionen
der
dorischen
Säule
mehr auffallen als bei den andern Säulenordnungen. Dieser
Styl behielt daher nur bei einer mässigen Grösse, höch-
stens (wie beim Parthenon) bei einer achtsäuligen Fronte
seine volle Schönheit, und in einer Zeit wo man zehn-
säulige Facaden vorzog, musste er nothwendig unhar-
monisch und gedrückt erscheinen. Wie geneigt man zu
so breiten Faeaden war, zeigt unter andern die zwölf-
säulige dorische Fronte an dem eleusinischen Tempel,
deren wir eben gedacht haben. Wollte man aber bei so
breiten Giebeln den dorischen Styl beibehalten, so muss-
ten die Baumeister versuchen, die Säule immer schlanker
zu machen; ein Versuch, der nur misslingen konnte,
weilfdas Charakteristische des Styls, die einfache, ge-
drungene Kraft dadurch verschwand , und die Details
nüchtern und schwächlich werden mussten. Der Verfall
des dorischen Baues hatte daher in der Richtung auf das
Kolossale einen innern Grund und diese Richtung führte
nothwendig auf die zugleich schlankern und geschmück-
tern Formen des korinthischen Styls. So finden wir denn
auch schon in der vorigen Periode Spuren des wirklichen
Verfalls der dorischen Baukunst, namentlich an einer
Halle auf der Insel Delos, welche zufolge der auf den
Ruinen erhaltenen Inschrift von König Philipp von Ma-
cedonien gestiftet worden. Hier, also an dem Werke
einer Zeit, welcher die schönen attischen Bauten noch
so nahe lagen, ist schon der Säulenstamm übermässig
schlank, der Säulenabstand unerhört weit f), das Kapital
schwächlich, das Gebälk niedrig," nur die obern zwei
Drittel des Säulenstammcs sind cannelirt. Wir sehen schon
jetzt dieselben Verhältnisse des verderbten dorischen
i) Die Säulenhöhe beträgt acht. der Abstand vier Durchmesser.
Zlf