Skopas
und
Praxiteles.
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Die Zahl seiner Arbeiten ist sehr gross, und weithin
wurden sie verbreitet. Wenige darunter sind in Erz, alle übri-
gen in Marmor. Auch bei Skopas wird es schon erwähnt,
dass er in diesem Steife seinen höchsten Ruhm erlangt.
Offenbar sagte die Durchsichtigkeit und die zarte Textur
des Marmors dieser künstlerischen Richtung mehr zu als
das fuistre Erz; die Plastik sagte sich entschiedener von der
Farbe los, sie beschränkte sich auf ihr eigentliches Ge-
biet, die Form; sie fühlte die Kraft in dieser das höchste
Leben zu erreichen und musste daher fremdartige Mittel
als störend zurückweisen.
Bildnissstatueil werden bei Beiden weniger erwähnt;
sie erfassten die neue Richtung auf das Lebendige und
Aximuthige mit hoher poetischer Begeisterung und wurden
darin von ihren Zeitgenossen verstanden.
Aus der grossen Zahl anderer Künstler dieser atti-
sehen Schule erwähne ich nur zweier; des Leochares,
weil eins seiner Werke, der Ganymed den der Adler
des Zeus entführt, in einer guten Nachbildung auf uns
gekommen ist, und des Silanion, von dein uns erzählt
wird, dass er bei einer Darstellung der sterbenden Iokaste
unter das Erz Zinn mischte, um dadurch ein bleiches,
dem Todtenanlitz ähnliches Colorit hervorzubringen. Man
sieht wie schon jetzt das Pathetisehe, das wir in der
Niobe des Skopas so erhaben sahen, bald ins Kleinliclie
und Sentimentale überging.
Diese neue Richtung der Kunst stand im Zusammen-
hange mit den politischen Verhältnissen Griechenlands,
mit der allmäligen Erschlaffung der festen Bande, welche
den hellenischen Bürger an seine Vaterstadt knüpfte, mit
dem Verfall der mächtiger-n Staaten. Wohl gab es noch
öffentliche Interessen, Känlpfe und Siege, und der männ-