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Dritte
der
Periode
griech.
Kunst.
das Mausoleum, von dem schon oben gesprochen ist,
schmückten. Ob eine Schulverbindung zwischen beiden
bestanden, ist ungewiss; während Skopas noch vielfach
mit der grossartig einfachen Auffassung der Vorzeit zur
sammenhing , aber doch schon in das Weichere und
Pathetische überging, gab Praxiteles entschieden den Ton
freier, anmuthiger Natürlichkeit an, der von nun an llüfl"
schcnd wurde. "Auch er war der Schöpfer mehrerer
Götterideale; Phidias hatte den Typus der ernsten und
hohen Götter, des Zeus und der Athene, vollendet, von
ihm gingen die Vorbilder der jugendlich heitern Gestal-
ten aus, des Eros (den er für Paros und Thespiä arbeitete),
des Epheubekränzten, sehwärmerisch blickenden Bacchus.
Er war der erste, welcher es wagte, die Aphrodite,
die früher nur bekleidet (largestcllt war, ganz zu enthül-
len. Freilich konnte es nur so gelingen, die Liebesgöttin
im heitersten Lichte zu zeigen und den höchsten sinn-
lichen Reiz "künstlerisch zu adeln. Das weite Gebiet der
jungfräulichen Anmuth, des Scherzes und der Schalkhaftig-
keit wurde nun dem Blick geöffnet; das schmeichlerische
Lächeln, die reizende Verschämtheit, die jugendliche
Unscl1uld,-die kindliche Naivetät, dann auch die Derbheit
einer faunischen Natur, die weiche Hingebung, die üppige
Fülle, die süsse bacchische Schwärmerei, das alles waren
Aufgaben, welche die frühere Kunst sich nicht gestellt
hatte. Aber freilich war damit der Anfang einer Rich-
tung gegeben, welche von dem göttlichen Ernst und der
Erhabenheit des altgriechischen Sinnes weit abführen
musste. Unter seinen Bildsäulen der Venus wird auch
eine bekleidete erwähnt, welche die Bewohner der Insel
Koos der nackten Venus, die nachher nach Knidos kam,
verzogen, weil sie dies für sittlicher hielten. Man sieht,