Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

288 
Periode 
Dritte 
der 
griech. 
Kunst. 
Diana und Apoll sichtbar gewesen, ist ungewiss. Be- 
kanntlich war es ein Gegenstand vieler hellenischen 
Mythen, die Schranken des Menschlichen geltend zu 
machen, und die Strafe des Uehermuths einzuprägcn, 
Das Hohe, das Schöne, das Glückliche ist gefährlich, 
dennes verleitet zum Frevel, und die Götter dulden das 
Uebermässige nicht. Es liegt darin das tragische Gefühl, 
dass grade das Höchste und Schönste dem Zorn der 
Himmlischen am Meisten ausgesetzt ist, oder, wie wir 
es christlicher aussprechen würden, dass das Irdische 
auch in seinen höchsten und schönsten Erscheinungen so 
vergänglich ist. Aber grade in diesem 'l'odeskampfe 
entwickelt sich die Kraft und Schönheit der menschlichen 
Natur am Bedeutendsten, und eben dieses 'l'ragische ist 
daher wieder die herrlichste Erscheinung des menschlichen 
YVesens. Dieses Gefühl ist es, Welches die Tragödie 
zum Gipfel der griechischen Poesie machte; aber fast 
kann es sich nicht vollkommener aussprechen, als in dieser 
Gruppe, und vielleicht darf man sagen, dass ohne sie 
uns etwas an dem Verständnisse der griechischen 'l'ra- 
gödie fehlen würde. Hier und vorzüglich in der Gestalt 
der Mutter ist der Adel der sophokleischen Dichtung zur 
unmittelbaren, einfachen Erscheinung gebracht. 
Bei dem Verwalten des männlichen Elements in der 
griechischen Kunst kann es überraschen, dass hier eine 
Frau die Hauptrolle spielt; doch ist dies wohl erklärbar. 
Das Leiden des Mannes ist vielleicht tragischer als das 
des Weibes; die Stellung der Frauen gewöhnt und übt 
sie zu dulden; des Mannes Beruf ist die That, der Schmerz, 
der ihn lähmt, ist seiner Natur feindlicher. Ebendeshalb 
ist vielleicht die Aeusserung des Schmerzes bei einem 
Manne bedeutender und ergreifender, und für die tragische
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.