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Dritte
Periode
griech.
d er
Kunst.
bewegtere VVeise , nicht mehr mit der Ruhe des Besitzes.
sondern mit dem Schmerz des Kampfes und des Ver-
lustes. In allen Beziehungen begünstigte die Sitte jetzt
das Erregte, Lebhafte, wie früher das Rilhige, Gehaltene.
Noch am Perikles wird das ernste, sich nicht leicht zum
Lachen faltende Gesicht, der gelassene Gang, der an-
ständige Umwurf des Mantels, der ruhige Ton der Stimme
gerülnnt; aber schon bei dem Demagogen Kleon kommen
heftige und freie Bewegungen auf der Rednerbühne auf,
und selbst der edle Demosthenes wirkte durch den feuri-
gen Ausdruck seiner Empfindungen begeisternd auf das
Volk. Ebenso hatte auf der Bühne schon Euripides ein
andres , mehr rhetorisches Pathos eingeführt, und die
Schauspieler entsprachen dem durch heftigere Gcstikulation.
Für die Entwickelung der Kunst wie für die der Mensch-
heit gewährte dieser Wandel der Dinge unläugbare V or-
theile; der Kunst wurden Gefühle erschlossen, die bisher
geschlummert hatten, eine Innigkeit wurde entwickelt,
die sie bisher nicht gekannt hatte; für die folgenden
Geschlechter der Menschen aber war es Gewinn, dass
die Kunst und Sitte der Griechen aus jener früher-n,
nationalen Haltung in allgemein menschliche, allen Völ-
kern verständliche Formen überging.
Um uns dieses Gewinnes mit einem Blicke bewusst
zu werden, brauchen wir nur auf die berühmte Gruppe
der N iobe hinzuweisen, die früher in Rom , jetzt in
Florenz aufgestellt ist. Wir dürfen sie der Zeit, nach und
zwar bald ilach dem Peloponnesischen Kriege zuschrei-
ben, wenngleich der Name des Künstlers uns nicht mit
Sicherheit bekannt ist. Schon zu altrömiseher Zeit,
wie Plinius uns berichtet, war man ungewiss, 0b
Gruppe dem Skopas oder Praxiteles zuzuschreiben,
diese
beide