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Dritte
Periode
der
griech.
Kunst.
fliegend und leicht gekräuselt, bald im weiten Aussc-hreiten
gespannt, sind sie mit gerundeten oder parallellaufendcn
Falten bedeckt. Sie erinnern dadurch etwas an das Rauhe
der frühern Kunst, nur dass hier an die Stelle einer
architektonisch geregelten Auffassung eine volle, aber
etwas herbe Naivetät eingetreten ist; aber der Blick ver-
söhnt sich mit dieser scheinbaren Härte, weil sie mit
der höchsten Bewegung des Kampfes und also mit der
geistigen Bedeutung zusammenhängt 3).
Vielleicht deuten die Verschiedenheiten dieses Werks
von jenen athenischen Sculpturen auf die Einwirkung
einer andern im Peloponnes einheimischen Schule hin.
Bei der allgemeinen Blüthc Griechenlands und der wett-.
eifernden Kunstliebe aller Landschaften konnte es nicht
fehlen, dass die Kunst auch ausserhalb Attika bleibende
Stätten erhielt. Die bedeutendste solcher Schulen scheint
die zu Argos gewesen zu sein, Welche (lurch einen fast
nicht minder wie Phidias berühmten Künstler, Polyklei-
tos, ihre Höhe erreichte. Sein namhaftestes Werk War
wiederum ein toreutisches Kolossalbild von Gold und
Elfenbein, das der Hera, im Tempel dieser Göttin in
Arges; auch sie war sitzend dargestellt, auf dem Haupte
eine Krone, die mit den Grazien und Horen geschmückt
war, in der einen Hand einen Granatapfel, in der andern
das Scepter. Es scheint, dass es dem Künstler hier ge-
lang, den Typus dieser Göttin, wie Phidias den des
Zeus und der Pallas, festzustellen, und vielleicht besitzen
wir in der berühmten schönen Junobüste der Villa Lude-
visi
in
Rom
eine
Nachahmung
desselben.
Wenigstens
ü) Gcistrciche Bemerkungen über die griechischen Sculpturen im
hrittischcn Museum s. b. Waagen, Kunstwerke in England. Th. l.
S. 86. R1, denen ich im vorstehenden wiederholt gefolgt bin.