Grundform.
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überall nicht. Es bedurfte keines starken Lichtes, da im
Innern des Tempels keine wesentlichen und gemeinsamen
Verrichtungen vorgenommen, namentlich die feierlichen
Opfer gewöhnlich auf einem Platze vor dem Gebäude
dargebracht wurden. Bei kleinern Tempeln genügte daher
das Licht, welches durch die Thüre einfiel. Grössere
hatten dagegen eine eigenthümliche und auffallende Ein-
richtung, welche die Fenster entbehrlich machte. Der
mittlere und grössere Theil des Innern war nämlich un-
bedeckt, einem offenen I-Iofe gleichend. Dies in der Art,
dass sich hinten und yorn die Giebel vollständig erhoben,
auch auf den beiden langen Seiten das Dach in seiner
schrägen Richtung begann, als ob es oben in einen First
zusammenlaufen sollte. Dies geschah aber wirklich nur
zunächst an beiden Giebeln, über dem Vor- und Hinter-
hause und den daran gränzenden Theilen des eigentlichen
Tempels , während zwischen denselben ein Ausschnitt
des Daches war, so dass die Dachschrägen beider Seiten
nicht zusammentrafen und sich also nicht gegenseitig
hielten, sondern im Innern durch Säulenreihen getra-
gen wurden. Zwischen diesen bildete dann im Innern
der unbedeckte, hofartige Theil ein der Säulenhalle und
der Tempelwand ähnliches und paralleles Viereck , so
dass der Grundriss des Ganzen drei, von aussen nach
innen sich verkleinernde, ähnliche Vierecke darstellte.
Man nannte einen solchen Tempel Hypaithros d. h. un-
ter freiem Himmel Diese ganze Einrichtung erinnert
4') Vitruv, der, nach seiner Weise alles auf starre Regeln zu-
rückzuführen, den Hypaithros nur bei dem zehnsäuligen Tempel (de-
castylos) statuirt, beschreibt ihn übrigens ziemlich deutlich, so wie
wir ihn an den Momnnenten, am Parthenon und am Apollotempel zu
Phigalia, noch voriinden. lnteriore parte columnas in altitudine du-
pliCes (habet) remotas a parietilmus. ad circuitionem ut porticus pro-