Der
olympische
Zeus.
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dem alterthünnlichen, halbasiatischen Geschmacke gehal-
ten, der mit der Einfachheit der dorischen Architektur
sonderbar contrastirt oder vielleicht durch dieselbe gemildert
wurde. Allein dieser alterthümliche Reiehthum war es ge-
wiss nicht, der Zeitgenossen und Spätere mit so grosser
Bewunderung erfüllte. Schon war der Sinn der Griechen
für die Schönheit der Verhältnisse so empfänglich, dass
selbst an Lebenden jeder kleine Mangel bemerkt wurde,
wie denn an Perikles selbst die allzugrosse Länge seines
Kopfes anstössig War. Die Verhältnisse der Gestalt
müssen daher höchst edel und bedeutend gewesen sein,
und dies in dem Grade, dass Sie jene Fülle der Neben-
figuren, den Glanz des Goldes, den Schmuck des Ge-
wandes und des Sessels beherrschten, und gewisser-
masseil in Vergessenheit brachten. Vor Allein machte
der geistige Ausdruck dies Bild so berühmt. Man fand,
Phidias habe den Zeus des Homer vollkommen getroffen;
er selbst soll die Worte der Ilias, wo der Donnerer die
ambrosischen Locken schüttelnd die Höhe des Olympus
bewegt, als sein Vorbild angeführt haben. Was Homer
auf einem andern Gebiete gethan, wiederholte Phidias,
er schuf, wie man von jenem gesagt hatte, die Götter
aufs Neue, gab einen tiefem Blick in das Wesen der-
selben. Er schien, wie noch ein späterer Römer es
ausdrückte, der Religion etwas hinzugefügt zu haben.
111 den llonlerischen Dichtungen und in der bisherigen
Auffassung der Götter war wohl der Eindruck der Grösse,
der Macht ein sehr wichtiges Element, das aber noch
auf eine minder "geistige Weise gedacht wurde; jene
gewaltige Grösse der Gestalten, die im Fallen mehrere
Aecker Landes bedeckt, jene gewaltigen Schritte der
Götter vom Olymp zu den WVohnsitzen der Sterblichen,